Kultur: Beseelt
Klingender Advent unter dem Monopteros
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Eigentlich ist es traurig, wenn man zugunsten der musikalischen Frühförderung von Kindern benefizen muss, das war schon einmal besser; eigentlich ist es schön, dass es solche Initiativen gibt. Wo anders als im Großen Waisenhaus wäre ein solches Konzert dann besser aufgehoben?
Genau unter dem Monopteros dieses gewaltigen Bauwerks engagierten sich am späten Sonntagnachmittag das Junge Gesangsensemble aus Babelsberg sowie die Instrumentalisten Frank Wilke (Gitarre) und Dietmar Bleyl (Blockflöte), um dem zahlreich zugeströmten Publikum einen „Klingenden Advent“ zu bescheren und gleichzeitig um Spenden für den obgenannten Zweck zu bitten: „Musik in Potsdam hilft Potsdamer Kindern“. Der Posaunenchor der „Selbständigen evangelisch-lutherischen Kirche Potsdam“ umrahmte diese „Treppenhaus-Veranstaltung“ von ganz oben herab mit festlichen Klängen. Ein glanzvolles Ereignis, eine hervorragende Idee in bester Akustik, eines von vier Konzerten zugunsten von Kindern.
Neunzig Minuten feinste Nonstop-Musik dort, wo Kreuzgewölbe und tiefliegende Decken sowie eine raffinierte Raumgestaltung dem Zuhörer stets freie Platzwahl und Durchblick ermöglichte. Opulent auch das Repertoire, welches Altes neben Neues, Bekanntes neben Unbekanntes setzte. Aus dem Mädchenchor „Cantabile Nova“ der Singschule Potsdam hervorgegangen, hat Leiterin Christa Bleyl das neunköpfige a-cappella-Ensemble „flügge“ gemacht. Genau in der Mitte zwischen unten und oben postiert, also jedermann sichtbar, sang es ganz „in dulci jubilo“, frisch, beherzt und beseelt, ohne Mühen und Kanten geistlich Literatur vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Sie war mit alten Weisen aus Frankreich („Maria, der Jungfraue“), Spanien und Dänemark „zeitlos“ besetzt, mit Michael Praetorius („Ein Kind gebor“n zu Bethlehem“) und des alten Bachs „Ich steh an deiner Krippen hier“ „klassisch“, mit Reinhold Heyden („Ach bittrer Winter“), Erna Woll („Es sungen drei Engel“) oder dem „Neujahrslied“ des Potsdamers Hans Chemin-Petit sehr modern.
Gehobene Schwierigkeitsgrade bei den atonalen Kompositionen bereiteten dem Chor so wenig Mühe wie Praetorius“ komplizierte „Langfassung“ von „In dulci jubilo“. Max Zengners „Frau Holle“ hätte vielleicht etwas flockiger interpretiert werden können. Herauszuheben ist die Sopranistin Juliane Kroll, Gesangsstudentin noch, aber diesem Ensemble eine sehr gute Stütze. Von der Gitarre begleitet, interpretierte sie die „zeitlosen“ sowie die Bach-Piece solistisch, bei anderen Liedern übernahm sie oft die „Vorstimme“, etwa in Martin Gotthards „Kerzen halten wir in unsern Händen“.
Variationen aus dem „Flyten Lusthof“ Jacob van Eycks durch Dietmar Bleyl, zwei Sätze der A-Dur-Suite von Silvius Leopold Weiss (beide 17. Jahrhundert) auf der Gitarre vervollständigten dieses lebensfrische Konzert. Die Dankesworte der Veranstalter nach den finalen Posaunen wurden vom aufbrechenden Publikum zwar kaum noch gehört, doch wird sich die solcherart bescherte Zielgruppe trotzdem über Potsdams Spendenbereitschaft freuen, der Musik - und ihrer Herzen zuliebe. Gerold Paul
Gerold Paul
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