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Gravel works.

©  Nicholas Minns

Kultur: Bezaubernd und verstörend

Deutschlandpremiere von „Gravel Works“

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Unter der Haut zeichnet sich jede Bewegung des Muskels ab. Das Anspannen, das Entspannen. Jede Bewegung lässt eine andere Partie deutlicher hervortreten. Ein Spiel der Muskeln, das eine sanfte Kraft ausstrahlt. Bei der Deutschlandpremiere von „Gravel Works“ war am Dienstag viel Haut zu sehen. Zum Teil mit bezaubernder, zum Teil mit verstörender Wirkung.

Wer glaubt, bei den Potsdamer Tanztagen ginge es ausschließlich darum, Tanzveranstaltungen zu präsentieren, wurde spätestens von Frédérick Gravel eines Besseren belehrt. Tanz gehörte zwar zum Programm, aus vollkommen unterschiedlichen Teilen zusammengesetzt, so wurde „Gravel Works“ zu einer einzigen großen Überraschung.

Das Ende an den Anfang zu stellen war demnach durchaus schon ein gelungener Beginn. Denn eine ganze Show zu gestalten, nur eine geradlinige Geschichte zu erzählen macht Frédérick Gravel keinen Spaß. So begann er mit verkrümmten Körpern, die in unbequemen Positionen dramatische Geschichten erzählten. Geschichten, die sich das Publikum selbst ausdenken konnte. Und viel wurde an diesem Abend dem Publikum überlassen. Obwohl Frédérick Gravel es sich nicht nehmen ließ, kurze Ankündigungen zu den jeweiligen Sequenzen zu machen, fragte sich das Publikum doch an so mancher Stelle, was genau der Choreograph aus Montreal ihnen damit sagen wollte.

Konnten die bis zu acht Tänzer auf der Bühne zwar nicht mit jeder tänzerischen Einlage überzeugen, waren die musikalischen Auftritte der Band jedoch die absoluten Höhepunkte des Abends. Rockig ging es dabei auf der kleinen Bühne zu, die Tänzer davor gerieten schnell in den Hintergrund. Rock, Bier, Pommes und Sex – das hatte Gravel für seine Performance angekündigt. Das war es, was der Zuschauer bekam.

Schade nur, dass das Programm nach der Pause nicht mehr ganz so unterhaltsam war. Mit der Sequenz „Verkörperung der Krise der zeitgenössischen Kunst“ gerieten Gravel und seine Tänzer tatsächlich selbst in eine Krise, aus der sie bis zum Schluss der knapp zweistündigen Veranstaltung nicht herauskamen. So war an diesem Abend für jeden Geschmack etwas dabei. Für den besseren und den schlechteren. Denn gilt zwar häufig das Motto „Sex Sells“, gab es jedoch vieles zu sehen, was vielleicht doch lieber unsichtbar hätte bleiben sollen – und zwar nicht nur eine ganze Menge nackter Haut. Chantal Willers

Chantal Willers

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