Kultur: Bezaubernde Liebesnahrung im Dreierpack Theatermusiken im Nikolaisaal-Foyer
Was ist Musik? Als „food of love“ – als Futter für die Liebe also – bezeichnet sie William Shakespeare in seinem „Sommernachtstraum“.
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Was ist Musik? Als „food of love“ – als Futter für die Liebe also – bezeichnet sie William Shakespeare in seinem „Sommernachtstraum“. Kein Wunder also, dass viele Komponisten Musik für die Aufführungen seiner Theaterstücke schufen – oder dessen Sujets gleich als Vorlagen für komplett eigene Werke verwendeten. Wie der russische Komponist Sergej Prokofjew, dem die Geschichte von „Romeo und Julia“ als Anregung zu seinem gleichnamigen Ballett diente. Otto Nicolai verwandelte „Die lustigen Weiber von Windsor“ in eine burleske Lustspieloper, während sich Felix Mendelssohn Bartholdy auf die Rolle eines Zulieferers für einzelne „Sommernachtstraum“-Szenen beschränkte. Sie alle gaben mit ihren Kompositionen der Liebesnahrung die entsprechenden Zutaten.
Wie das klingt, das zeigten die Bläser der Kammerakademie Potsdam und ihre Gäste am Sonntagnachmittag – mit hinreißender Spiellust und bläserischer Bravour. Bei ihrem Konzert im Nikolaisaalfoyer verwandelten sie das, was Andreas N. Tarkmann zwischen 1985 und 1989 komponiert hat, in Liebesnahrung. Diese Bearbeitungen für je zwei Fagotte, Oboen, Klarinetten und Hörner bringen tonsetzerische Finessen auf den Punkt, die ansonsten in den originalen Orchesterfassungen unter den Tisch oder dem visuellen Bühnengeschehen zum Opfer fallen.
Den Musikern gelang es, das Publikum durch ihr plastisches Spiel gleichsam zum Sehen mit den Ohren zu verführen. Zunächst ging es nach Verona, wo die Capulets zum Ball in ihren Palast geladen haben. Hart klang das und herrisch, zeremoniell und selbstbewusst charakterisiert Prokofjews Musik hier die Ausgangssituation für das tragische Geschehen. Julias unbändige Freude, der eilend-plappernde musikalische Disput mit der herrlich resoluten Amme findet dabei genauso liebevollen Ausdruck wie die betuliche Art von Pater Lorenzo, der die Liebenden traut. Bei dieser Suite handelt es sich um eine Auswahl handlungswichtiger Szenen, zwischen denen Hans-Jochen Röhrig die passenden Originaltexte mit sprachtheatralischer Lust vorträgt. Schön wäre es jedoch gewesen, wenn das Programmheft die einzelnen Sätze der Suite genannt hätte.
Einfacher zu verfolgen waren dagegen die ausgewählten Arien, Duette und Ensembleszenen der Nicolaischen „Lustigen Weiber“, die dem Kenner einen lustvollen Spaziergang durch die Harmonien garantierten. Weniger Kundige bekamen durch entsprechende Mono- und Dialoge Nachhilfe – köstlich der des versoffenen, asthmatisch stöhnenden, liebestollen Falstaff. Intonationssicheres Hörnerschwelgen begeisterte ebenso in der Suite aus Mendelssohns Schauspielmusik „Ein Sommernachtstraum“, bei der die Flöte (Bettina Lange) und der schon die Windsor-Weiber unterstützende Kontrabass (Tobias Lampelzammer) für faszinierende Zutaten der illustrierenden Szenenmusik sorgten. Atmosphärisch dicht tönte die Elfenmusik, festlich der Hochzeitsmarsch, quirlig das Scherzo. Bezaubernd, diese Art von Liebesnahrung. Peter Buske
Peter Buske
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