Kultur: Bilder auf Reisen
Juliane Rothenburg und Ekkehard Krauß wollen Kunst in einem alten Bus durchs Land fahren
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Irgendwann gab sie sich doch einen Ruck – und stürzte sich von da an in die Organisation: Juliane Rothenburg hatte die Idee, Potsdamer Kunst – Skulpturen, Bilder oder Installationen – auch außerhalb der Landeshauptstadt bekannt zu machen, zunächst für ein Mammutprojekt gehalten. Die Idee zum Projekt „Art Tournee“ hatte der Künstler Ekkehard Krauß aus Wilhelmshorst, aber erst gemeinsam haben sie es tatsächlich ins Leben gerufen. Mit einem sanierten Zirkuswagen und einem dazugehörigen Hanomag AL 28 Oldtimer haben sie eine mobile Galerie geschaffen, einen Ort für Kunst verschiedenster Art. Ausstellungen sind darin genauso möglich wie Workshops oder Performances.
„Natürlich ist der Platz immer begrenzt, es richtet sich also schon an Kleinkunst“, sagt Ekkehard Krauß. „Man muss sich immer darauf einlassen, dass es nur eine temporäre Ausstellung sein kann, die im Wagen gezeigt wird.“ Der 61-jährige Freiberufler arbeitet seit seiner Jugend auch künstlerisch. Neben der Malerei beschäftigt er sich auch viel mit Grafiken und ist somit auch für die Gestaltung der Flyer zuständig. Vor zwei Jahren kam ihm die Idee zu dem mobilen Kunstort, mit der er sich dann an Juliane Rothenburg wandte. Die Potsdamerin betreibt seit 17 Jahren im Holländerviertel ein offenes Atelier, bei dem ihr die Besucher bei ihrer Arbeit mit Stoffen und anderen Materialien über die Schulter blicken können.
„Wir beide kennen uns ja schon lange, haben 2012 auch die Ausstellung ’Spiegelbilder’ auf der Freundschaftsinsel gemeinsam gemacht“, sagt die 57-Jährige. „Aber trotzdem war ich am Anfang etwas skeptisch, wir haben uns da ganz schön gerieben wegen der Idee.“ Sie wusste anfangs nicht, wo sie anfangen sollten, zu aufwendig schien das Projekt. Dann aber machte sie ihr Atelier zur zentralen Anlaufstelle für alle Beteiligten, dort wollen sie und Krauß künftig auch Workshops anbieten.
Herz des Ganzen ist aber natürlich der Zirkuswagen. „Den hatte ich schon vor 20 Jahren gekauft, der war also da, nur völlig unsaniert“, erzählt Juliane Rothenburg. „Aber wir brauchten ja auch noch ein Fahrzeug, das den Wagen ziehen kann und somit auch mobil macht.“ Nach ausgiebiger Recherche entschieden sich die beiden Künstler für den Hanomag AL 28, der genauso wie der Zirkuswagen Baujahr 1964 ist. Die größte Herausforderung war dann erst mal das Restaurieren der Fahrzeuge, wie Rothenburg erzählt. „Wir haben keinerlei Förderung bekommen, haben uns deshalb Geld von Freunden und Bekannten geborgt und letztendlich alles selbst gemacht“, sagt sie. In kleinen Schritten begannen sie, noch im Jahr 2012, das Dach neu aufzubauen und dem Gefährt einen neuen Farbanstrich zu geben. Zum Stadtinselfest in Havelberg stellten sie das Projekt dann vergangenes Jahr unter dem Thema der Recyclingkunst vor. Im diesem Frühjahr erhielten die Künstler dann den Bewerbungszuschlag, mit ihrer „Art Tournee“ an „Stadt für eine Nacht“ in der Schiffbauergasse teilzunehmen.
Dort kam das Kunstgefährt das erste Mal richtig zum Einsatz. Unter dem Motto „Freies Spiel mit Ausrangiertem“ konnten die Besucher dort aus Plastiktüten und alten Verpackungen Kunstobjekte herstellen. Die Vorbereitungen dazu kosteten allerdings viel Kraft. „Wir haben dann wirklich in Akkordzeit alles hergerichtet“, erinnert sich Rothenburg. Die logistische Organisation sei das Schwerste gewesen bei dem Projekt – auch weil der Bus durch seine insgesamt fast 12 Meter Länge nicht überall abgestellt werden kann. Das hemmt auch ein wenig die Idee der mobilen Ausstellung: Wegen des hohen Aufwands reisen die beiden Künstler mit dem gesamten Zug auch nur bis zu viermal im Jahr an andere Orte – und niemals weiter als 60 Kilometer von Potsdam entfernt.
„Mit dem Hanomag alleine ist die Mobilität größer, sodass wir damit auch entferntere Ziele häufiger anfahren werden“, sagt Rothenburg. So veranstalten sie und Krauß am 6. September auf dem Stahnsdorfer Dorffest eine Malaktion. Der Zirkuswagen bietet mit einer Fläche von 5,80 mal 2,85 Metern genug Raum für Kunst, die je nach Thema passend arrangiert werden kann.
Noch befindet sich die „Art Tournee“ in der Ausprobierphase, noch suchen die beiden nach Potsdamer Künstlern, die sich an dem Projekt beteiligen wollen. Juliane Rothenburg und Ekkehard Krauß setzen deshalb erst mal ihre eigene Kunst in Szene. Am 2. November präsentieren sie in ihrem Kunstgefährt eine kleine Ausstellung beim Teltower Kunstsonntag. Krauß wird einige seiner Collagen vorstellen, Rothenburg muss sich noch entscheiden, ob sie Objekte aus Licht zeigen wird oder Skulpturen.
Dass die beiden gerade nach Teltow kommen, hängt mit ihrem Auftritt bei „Stadt für eine Nacht“ zusammen. Der Veranstalter Dieter Leßnau von der Teltower Altstadtgalerie wurde dort auf ihren Kunstbus aufmerksam und hat das Projekt sofort begeistert eingeladen. Für die Zukunft wünschen sich die beiden Künstler aber eine vielseitige Zusammenarbeit mit Potsdams Kunstszene. Schließlich wollen sie nicht nur selbst einen Beitrag zur Verbreitung der lokalen Kunst leisten, so Rothenburg. „Das Ziel ist es ja Potsdams Kunstszene nach außen zu tragen.“
Interessierte Künstler können sich an Juliane Rothenburg „Textilkunst & Design“ in der Mittelstraße 6 wenden. Weitere Informationen unter www.juliane-rothenburg.de
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