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Kultur: Bildwelten hinter Glas

Die SperlGalerie bittet mit Astrid Germo „Zu Tisch“

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Sie wirken ein wenig unnahbar, die blonden, brünetten und rotschopfigen Frauen und wenigen Männer in den Bildern von Astrid Germo. Sie schauen aus dem Bild heraus, ohne einen Blickkontakt mit dem Betrachter ernsthaft zuzulassen. Auch untereinander scheuen die Figuren in den Hinterglasbildern der Künstlerin echten Austausch und Kontakt. Die Gesichter, die Astrid Germo mit Pinsel und Alcydharzfarbe auf Glasscheibe malt, haben etwas Maskenhaftes. Vielleicht liegt es auch einfach an der gewählten Technik. Hinterglasmalerei ist äußerst flächenbetont und in der Gesamtwirkung letztlich plakativ. Dennoch versteht es Astrid Germo, die Farbe äußerst differenziert zum Einsatz zu bringen. Insbesondere wenn es an das Malen von Gesichtern, von Haut und anderen diffizilen Oberflächen geht, legt die Glasmalerin die Farbe in dünn lasierten Schichten sensibel übereinander. Aus diesem transparenten Aufbau der Farbschichten modelliert sie plastische Details wie das Schuppenkleid eines Fisches oder die Blütenblätter eines Blumenstilllebens.

Astrid Germo hat die Glasgestaltung von der Pike auf gelernt und ist ihr seither treu geblieben. Aufbauend auf einer Glaserlehre studierte die gebürtige Hallenserin von 1980 bis 1985 in ihrer Heimatstadt an der Burg Giebichenstein Glasgestaltung. Seitdem ist sie freischaffend in Potsdam tätig. Die SperlGalerie bittet mit der aktuellen Personalausstellung seit Sonntag „Zu Tisch“ und präsentiert die Künstlerin nunmehr bereits zum fünften Mal. Zu sehen sind Stillleben, Frauenporträts und Figurengruppen, die in den letzten beiden Jahren entstanden sind. Nach wie vor arbeitet die Künstlerin ausnahmslos gegenständlich und figurativ. Dabei hat ein Großteil der 32 ausgewählten Arbeiten auf die ein oder andere Weise motivisch mit dem Thema Essen zu tun.

Im ersten Ausstellungsraum räkeln sich drei Grazien auf dem stattlichen Bild „Les Trois Grâces“ auf einer Picknickdecke und tun sich an Sekt und Melonen gütlich. Kommunikation findet hier jedoch nicht sichtbar statt. Vereinzelung scheint stärker als Geselligkeit. Vielleicht ist es diese Emotionslosigkeit, dieser in allen Bildern wiederkehrende Ausdruck zwischen Teilnahmslosigkeit und Melancholie, der den Betrachter ein wenig auf Distanz hält. Für regelrechte Irritation sorgt das Bild „Fische mit Kopf“, das von einer schmucken Bleiverglasung gerahmt wird. Zwei Frauen sitzen nebeneinander an einem Gartentisch. Vor der einen liegt ein Fisch unmittelbar auf dem Tisch, die andere hat sich ihren Fisch bereits so gegriffen, als wolle sie ohne Umschweife in ihn hinein beißen. Allein durch diese Geste wirkt die ganze Szene reichlich bizarr.

Fische, Vögel, eine Katze oder ein Kaninchen gehören in auffällig vielen Porträts und Stillleben Astrid Germos zum charakteristischen Bildrepertoire. Auch der Garten und immer wieder Blumen prägen das Universum ihrer überwiegend dekorativen Hinterglasmalerei. Die Hängung der Bilder in der Sperl Galerie folgt dem Versuch einer nach Motivreihen gebildeten Ordnung. Auf das Thema „Im Grünen“ folgen kleinformatige Stillleben, dann unterschiedliche Figurenkonstellationen bei Tisch und schließlich einige Variationen zum Thema Entspannung. Unabhängig von ihrer Größe wirken die Hinterglasbilder in erster Linie durch ihre leuchtenden Farben und ihren ornamentalen Charakter. Für Astrid Germo ist die Verbindung von Glas und Malerei, von traditioneller Technik und deren Übersetzung in ihre eigenen Bildwelten zum festen Bezugspunkt ihrer künstlerischen Arbeit geworden.

Almut Andreae

Bis 13. April Mi-So 12-18 Uhr in der SperlGalerie, Mittelstraße 30

Almut Andreae

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