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Kultur: Bizarres und Kuriositäten

Hintersinniges von Hinrich van Hülsen und Wolf Ewert in der Galerie Am Neuen Palais

Stand:

Konkrete Gegenständlichkeit, gepaart mit Hintersinn, hat das Zeug dazu, in den bildenden Künsten bizarre Blüten zu treiben. Die neue Ausstellung der Galerie Am Neuen Palais ist dafür ein schlagender Beweis.

Mit dem Maler Hinrich van Hülsen und dem Keramiker Wolf Ewert treffen hier zwei Osnabrücker Künstler aufeinander, die sich nicht nur gut kennen, sondern auch bereits an anderen Orten gemeinsam ausgestellt wurden. Die Umsetzung im einzelnen ist dann eher eine Frage des Temperamentes und des Geschmacks. Während Wolf Ewert in seinen keramischen Skulpturen eine Art liebevoller Verballhornung menschlicher Schwächen betreibt, weist die Malerei Hinrich van Hülsens in eine gänzlich andere Richtung. Wo bei Ewerts Humor und Satire den Ton angeben, breitet van Hülsen seine Bilder wie Flügel aus, die den Betrachter geradewegs in reichlich ungewöhnliche Bildwelten entführen.

Eine Gestalt, zerbrechlich wie eine Fee, hat rittlings auf dem Rücken einer Giraffe Platz genommen. Über ihrem leicht gebeugten Kopf schwebt eine eigenwillige, aus dem poetischen Bild eigentümlich hervorstechende Form. Freilich gibt es einen Grund, warum dieser vermeintliche Fremdkörper ins Bild gelangt ist. Der Maler hatte für die Komposition mit dem Titel „Sehen Sie, es gibt sie doch“ schlichtweg nach einem Gegengewicht gesucht und dabei tief in den Fundus seiner inneren Bilder gegriffen. Wenn er dabei ein Detail an die Oberfläche befördert und nicht zwangsläufig nachvollziehbar in ein Bild integriert, entspricht dies einer Vorgehensweise, die den Entstehungsprozess vieler seiner Bilder geradezu exemplarisch abbildet.

Hinrich van Hülsen nährt seine überbordende Phantasie aus Eindrücken, die er sowohl aus dem Zustand intensiven Beobachtens als auch aus der Inspiration durch Fotos und Filme empfängt. Gesehenes, Motive und Versatzstücke, die sich oft zunächst im Unterbewusstsein verankern, tauchen urplötzlich hoch und entwickeln im Bildzusammenhang eine ganz neue Präsenz.

So auch geschehen im Falle des unheilvoll anmutenden Bildes „Schrei mal drei“. Hier entsteigt der Schrei eines Mannes, der ein Kind an sich presst, gleich mehrfach aus den aufgerissenen Kehlen seiner drei Köpfe. Der Maler van Hülsen erzählt, wie bei der Entstehung dieses Bildes ein Zeitungsfoto und eine ihm irgendwann einmal aufgefallene afrikanische Skulptur mit drei Köpfen eine ungeahnte Symbiose eingingen. Wie anders geht es da bei den keramischen Kuriositäten Wolf Ewerts zu! Seitdem er von der Gefäßkeramik zur keramischen Skulptur übergewechselt ist, kommt er auf der Suche nach griffigen Motiven ständig auf neue Ideen. Nach Potsdam hat er Beispiele aus den Themenreihen „Wartende“, „Liebkosungen“ und „Hausbesitzer“ mitgebracht.

Sämtliche Tonskulpturen sind hohl montiert und ihre Oberfläche im Zuge des zweifachen Brennvorganges mittels Engobenmalerei und Druckstempeltechnik abwechslungsreich gestaltet. Unabhängig von Format und Thema sind die teils vollplastisch, meist aber reliefartig gearbeiteten Figuren erzählerisch im Ausdruck. Bei der „Frau mit Hase“ (und Bratpfanne) spielt sich vor dem inneren Auge des Betrachters gleich eine ganze Szene ab. Ob „Hockender Hausbesitzer“ oder „Frau mit Pegasuse“, ob monumentaler „Bischof“ oder kleinformatiger „Mann vor dem Telefon“ – sämtlichen Skulpturen sitzt deutlich sichtbar der Schalk im Nacken. Mit verschmitztem Humor wird der Reihe nach der Anekdote, der Karikatur und der Satire Genüge getan.

Eine Ausstellung alles in allem, bei der ein jeder, der es in der Kunst vor allem konkret und anschaulich mag, ganze 105 Mal auf seine Kosten kommt.

Bis 30. März, Aiusstellung von Hinrich van Hülsen und Wolf Ewert, Fr-So 13-18 Uhr in der Galerie Am Neuen Palais, Am Neuen Palais 2A.

Almut Andreae

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