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Die den Blues zu nehmen wissen. Reverend Shine Snake Oil CO.

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Kultur: Bloß nicht streicheln!

Reverend Shine Snake Oil CO. treten den Blues

Stand:

Der Blues ist ein räudiges Biest. Das ist eine altbekannte Wahrheit, doch nicht alle Musiker, die sich am Blues versuchen, haben das begriffen. Dabei muss man nur ganz genau hinhören. Zum Beispiel bei den Heroen aus den Anfangstagen wie Robert Johnson oder Son House, Furry Lewis oder Lightnin’ Hopkins, bei Chicagohexenmeistern wie Muddy Waters oder Brewer Phillips. Aber auch jüngere Musiker haben das verstanden, wie G. Love, Jack White und die Jungs von Black Keys auf ihren früheren Alben, bevor sie in den Weichspülgang wechselten, der mit „El Camino“ seinen vorläufigen Tiefpunkt erreicht hat. Und dann sind da noch Reverend Shine Snake Oil Company. Vier Männer, die wissen, dass man den Blues nicht streicheln darf. Dieses Biest braucht die harte Hand, denn erst dann schlägt sein Puls den wahren Rhythmus. Am morgigen Freitag sind Reverend Shine Snake Oil CO. im Waschhaus zu erleben.

Reverend Shine Snake Oil CO., das sind der Sänger Claudius Pratt und der Gitarrist Justin Moses Gunn, der Bassist Martin Ollivierre und Matthias Klein am Schlagzeug. Zwei der Musiker kommen aus New York, zwei aus Kopenhagen. Gemeinsam haben sie den Dreh raus, den Blues kräftig und böse an seiner Kette rasseln zu lassen. Wer bei Reverend Shine Snake Oil CO. gitarristische Soliexzesse im Bluenote-Bereich erwartet, muss enttäuscht werden. Bei diesen Musikern ist alles auf das Wesentliche reduziert. Der Kontrabass knallt und knarzt trocken wie ein Raucherhusten, das Schlagzeug stolpert und schlingert wie ein altersschwacher Planwagen kurz vorm Zusammenbrechen, dazu streut die Gitarre Akkorde und Licks, die mal fadenscheinig schmeicheln, sehr oft aber heimtückisch wie ein Peitschenhieb niedersausen. Und über allem legt Claudius Pratt seine Stimme mit der Leidenschaft eines Wanderpredigers. Was hier wie roh zusammengezimmert klingt und an längst vergangene musikalische Zeiten erinnert, ist so kraftvoll, aufreibend und auch schmerzhaft wie ein Fiebertraum. Wenn Reverend Shine Snake Oil CO. spielen, zelebrieren sie eine Messe. Wer es versteht, sich darauf einzulassen, der erlebt diesen erdig-dreckigen Rausch, wie ihn nur der Blues bieten kann. Und wenn dieser stampfende Rhythmus ins eigene Blut übergeht, der Puls des Biests zum eigenen wird, haben Reverend Shine Snake Oil CO. einen infiziert oder bekehrt, wie immer man das auch sehen will. Heilung wird es nicht geben. Nur Linderung durch die entsprechende Musik. Der Blues sitzt zufrieden in seiner Ecke und das Fletschen seiner Zähne wirkt auf einmal wie ein Lächeln, sein Knurren wie ein Schnurren. Die dunkle Reise hat da längst begonnen. Dirk Becker

Reverend Shine Snake Oil CO. spielen am morgigen Freitag, 21 Uhr, im Waschhaus in der Schiffbauergasse. Der Eintritt kostet an der Abendkasse 13 Euro

Dirk Becker

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