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Kultur: Blümchen und Bravos

Gesangsstudenten in der Soirée im Alten Rathaus

Stand:

Gesangsstudenten in der Soirée im Alten Rathaus „Klein, aber fein“ ist seit zehn Jahren das Markenzeichen des „Vereins zur Förderung musikalisch–literarischer Soiréen“ im Potsdams Altem Rathaus. Das war auch diesmal nicht anders, als man drei Studenten der Berliner Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Gelegenheit gab, ihr Können in einem Liedprogramm vorzustellen, dessen letzter Teil mit Peter Cornelius weihnachtlich einstimmen wollte. Zuvor gab man Schumann, Mussorgski, Brahms und den kinderreichen Hugo Wolf. Die Sopranistin Juliane Herrmann (mit ihrem Baby angereist) und Rainer Scheerer, Bassbariton, teilten sich das Programm, indes Alexander Fleischer beide so einfühlsam wie engagiert am Flügel begleitete. Für Juliane Herrmann kam mit Robert Schumanns „Gesängen der Mignon“ nach Goethe offenbar das Schwerste zuerst. „Nur wer die Sehnsucht kennt“ und „Heiß’ mich nicht reden“ wirkten zwar technisch ausgefeilt, blieben jedoch in ihrem Ausdruck eher formal. Sie verfügt über eine sehr klare, junge und temperamentvolle Stimme von beträchtlichem Volumen. Robert Schumanns künstliche Schöpfungen mögen einem solchen Naturell nicht gerade entgegenkommen, in sehr hohen Lagen klirrte der Ton gelegentlich, und die Textur war nicht immer gut zu verstehen („So lasst mich scheinen“). Das änderte sich fast schlagartig, als sie zu Hugo Wolf überging, einem Komponisten, welcher schlichte und sehr lyrische Tonfolgen bevorzugt, so dass hier alle seine Lieder von natürlicher Anmut erstrahlten. Außerdem ermöglichten sie der Interpretin das „gestische Singen“, was ihr augenscheinlich liegt: Dergestalt waren „Storchenbotschaft“ (allegramente!) und „Schweig’ einmal still“ ein hohes Vergnügen für Auge und Ohr . Rainer Scheerer überraschte von Anfang an mit einer soliden und souveränen Stimme schönwarmen Timbres, als gäbe es für ihn nichts mehr zu studieren. Seine Auftritte durchweg sicher, die Interpretationen stets aus einem Guss. Ob er aus Mussorgskis dunklen Liedern „Ohne Sonne“ sang („In den vier Wänden“, „Nicht nahmst du mich wahr“), Brahms „Mainacht“ oder, dann nach der Pause, auch Wolf („Der Musikant“, Gebet“), bei ihm klangen sie so, als könnte man sie gar nicht anders darstellen. Kompliment. Besonders Mörikes „Abschied“, darin ein Künstler seinen schnarrenden Rezensenten trifft, ihn jedoch die Treppe hinabwirft und sich die Partitur in übermütigen 3/4 Takten darüber freut, fand allgemeines Wohlgefallen. Nur, wie die Sopranistin in den tiefen Lagen ein wenig schwach wirkte, so seine begnadete Mittelstimme, wenn die Höhe gefragt waren. Beide zusammen gaben mit dem Musical-Duett „Sunrise – Sunset“ eine zu Herzen gehende Zugabe vom Allerfeinsten. Bleibt Peter Cornelius mit seinen Weihnachtsliedern op. 8., wofür man extra das Licht abdunkelte und den Tannenbaum im Raum erleuchtete. Sie klingen immer etwas fremd, so man ihre Spiritualität nicht wirklich verspürt, Note und Ton sind ja zweierlei Ding. „Christus der Kinderfreund“ (mit warmer Tönung), „Die Hirten“ mit blasserem Ausdruck, lebhafteste Klaviatur bei kaum verständlichem Text im „Simeon“. „Christkind“ zum Beschluss mit Jubilate – viel Beifall für die Sopranistin, Blümchen aus dem Publikum. Bravos! und langer Applaus dann als Dank für ein weithin erwärmendes Konzert. Gerold Paul

Gerold Paul

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