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Kultur: Brillant

Orgelsommer mit Markus Stepanek in Erlöserkirche

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So löblich es ist, wenn Organisten ihr programmatisches Anliegen erläutern: etwas mehr Information, als nur die Ankündigung, was er zu spielen gedenke, darf es schon sein. Warum gerade diese Abfolge und keine andere? Welche Überlegungen beflügelten ihn bei der Zusammenstellung? Gibt es geheime Querverbindungen zu den Werken? Es könnte regelrecht spannend sein, aus Künstlermund einen kleinen Einblick in dessen geistige Werkstatt zu erlangen. Nichts davon bei den einleitenden Worten des Organisten Markus Stepanek aus Salzburg, der an der Schuke-Orgel der Erlöserkirche seinen Orgelsommer-Auftritt bestritt. Er wiederholte nur, was im Programmbüchlein nachzulesen ist.

Nach den ersten Takten der Felix Mendelssohn Bartholdyschen d-Moll-Sonate über den Choral „Vater unser im Himmelreich“ op. 65 Nr. 6 bricht das Tastatieren ab. „Entschuldigung!“, dann eifriges Hantieren auf der Empore. Hatte der Assistent die falsche Programmierung erwischt? Alles wieder auf Anfang, nun mit den „richtigen“ Registrierungen für das Thema und die fünf Variationen, von denen jede eine typische Klangfarbe erhält. Alles sehr langsam und verinnerlicht gedeutet. Erst die letzte Variation, abrupt hereinbrechend, setzt dem Voraufgegangenen einen hellen, prinzipalgeschärften und tempoeilenden Kontrast. Zungenstimmenweich erklingt das Andante-Finale als lieblicher Gesang.

Dann zwei Mozartstücke aus der Wien-Ära des Meisters. Zuerst die hellstimmig registrierte, im gleichmäßigen Metrum ablaufende g-Moll-Fuge KV 401, dann eine C-Dur-Ouvertüre KV 499, die – so Stepanek – Mozart als Beginn einer Suite a la francaise geplant, dann aber abgebrochen hätte. Doch Herr Köchel listet unter dieser Nummer ein Streichquartett auf. Ja, was denn nun?! Die triller- und vorschlagsreiche Piece, kaum mehr als eine Fingerübung, erinnert in ihrer Machart an eine mechanische Orgelwalze.

Interessant der dreifache Ausflug in die Welt der gegenwärtigen österreichischen Orgelmusik. Um die Uraufführung seiner Fuga à 4 soggeti (Quadrupelfuge) op. 72 zu erleben, war Kurt Anton Hueber (geb. 1928) aus Wien angereist. Ihr dissonanzenreicher, gravitätisch schreitender und durchweg regelstrenger Verlauf lässt die vier verarbeiteten Themen jedoch nicht auf Anhieb erkennen. Hörer und Spieler sind bei der (geistigen wie manuellen) Bewältigung gleichermaßen gefordert. Nicht so beim 2001 entstandenen Orgelstücks „Te Deum laudamus“ vom ebenfalls anwesenden Tonsetzer Maximilian Kreuz (geb. 1953), dessen Ecksätze mit großer Lautstärke das harmonisch vielfältig gestaltete Lob Gottes in geradezu archaischer Direktheit herausschleudern. Ein fugierter Abschnitt erinnert dabei an die Geharnischten-Weise aus Mozarts „Zauberflöte“.) Ein register"scharff" gestimmter, ruhiger Mittelteil gibt Muße zur inneren Einkehr. In geradezu astraler Diskantlage, gleißend und mit quasi atmosphärischen Wirbeln präsentiert sich des Sonnensystems größter Planet Jupiter im gleichnamigen Opus 53 von Paul Hertel (geb. 1953).

In Bachs Fantasie und Fuge g-Moll BWV 542 sind Stepanek und die Orgel dann endlich eng liiert. Er bringt die Brillanz des Instruments zum Klingen, artikuliert erhaben, bringt bei fortschreitender Modulation viele leuchtende, helle und glanzvolle Registerstimmen ins Spiel. Der golden leuchtende Bodenvasenstrauß im Altarraum ist dazu ein passendes Gegenstück. Kurzum: ein Bach, wie man ihn sich nur wünschen kann. Viel Beifall Peter Buske

Peter Buske

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