Von Almut Andreae: Bunte Tüte
„Bonbons“: Sieben Künstler stellen sich in einer Gruppenausstellung in der Sperl Galerie vor
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Die klebrig süßen Lockvögel zur aktuellen Ausstellung bei den Sperls spielen vor Ort eher eine untergeordnete Rolle. Keine künstlerischen Variationen zu Bonbons und anderem Zuckerzeug erwarten den Besucher, sondern Ausgesuchtes aus den Ateliers von sieben Künstlerinnen und Künstlern, die in der Sperl Galerie im Mittelpunkt einer zweiten Gruppenausstellung in Folge stehen. Nach der Ausstellung „Kleine Formate“, mit denen das Galeristenpaar zum Jahresbeginn ihre neu bezogenen Räumlichkeiten am Kanal eröffnete, stöberte man auf der Suche nach einem besonderen Bonbon in den Künstlerateliers diesmal nach dem großen und größeren Format.
Bilder wie die von Hans Scheuerecker und Moritz Götze gezeigten haben durch ihren Signalcharakter noch am ehesten das Zeug zum Knallbonbon. Dass knallig nicht gleichbedeutend mit bunt sein muss, zeigt sich an den beiden schwarzgrundigen Riesenformaten Scheuereckers. Der Maler aus Cottbus beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit der Darstellung des menschlichen Gesichts. Im Weg der Abstrahierung löst er sich immer kompromissloser vom Gegenständlichen. Durch die konsequente Besinnung auf Fläche, Kontur und reduzierte Farbigkeit findet er in seiner aktuellen Malerei zur graphischen Formensprache. Für weniger plakativ wirkende Malerei, die sich eher über das Detail mitteilt, wird es angesichts dieser imposanten Bilder zur Herausforderung, sich zu behaupten. Dies macht sich allerdings auch fest an der in der Ausstellung nicht konsequent eingelösten Prämisse des großen Formats. Sind es doch überwiegend mittelgroße Arbeiten und immer wieder auch kleine Formate, die in dieser Ausstellung das üppige Platzangebot in der Sperl Galerie ausfüllen. Somit gerät die „Bonbon“-Ausstellung – um im Bild zu bleiben – für den Betrachter zu einer Art bunten Tüte. Knalliges und Anspielungsreiches, Deftiges und nachdenklich Stimmendes, Verspieltes und Experimentelles ergeben eine Mischung, die vor allem dann gut ankommt, wenn man Tutti Frutti mag.
Andernfalls muss sich der Betrachter schon sehr auf die extrem unterschiedlichen künstlerischen Welten in dieser Ausstellung einlassen. Die einzelnen Positionen stehen hier unvermittelt nebeneinander; ein Dialog mag sich nicht so recht entfalten. Die ernsthaften, ja bedrückenden „Hungry“-Botschaften gesichtsloser Menschen vor gestrandeten Booten in den Bildern des Potsdamer Malers Stephan Veltens haben nichts mit dem subversiven Charme eines Moritz Götze gemein, mit der dieser Preußens Glanz und Gloria auf eigenwillige Weise schillernd beleuchtet. Im Rahmen der unlängst eröffneten ersten Luise-Jubiläumsausstellung im Schloss Charlottenburg stellte Götze dort großformatige Emaille-Repliken auf die berühmte Prinzessinnengruppe von Gottfried Schadow auf. In Format und Ausstattung vergleichbar zu einem darüber hinaus im Schlossinnern gezeigten großformatigen Bild im Emaille-Look versetzen einen bei den Sperls „Griechenlands blühende Landschaften – nach Schinkel“ durch ihren stattlichen Preis gleichfalls in gelindes Erstaunen.
Vorbei an Malte Brekenfeld, dessen phantastisch-skurrile Landschaften durch die Omnipräsenz von Fischen oder durch „Mittsommernächtliches Schneehasengreifen“ neue Lesarten seines sehr speziellen Universums eröffnen, geht es eine Treppe höher noch mal gänzlich anders weiter. Originell und witzig das eigens für die vorhandene Wandnische angefertigte „Kurbelkino“ von Dieter Zimmermann, mit dem sich das vorhandene Bild hin und her spulen lässt. Die gegenständliche Bildsprache Zimmermanns – gekontert von einem weiteren Brekenfeld an der Wand gegenüber – trifft im oberen Galeriebereich auf jede Menge Abstraktes.
Neben meditativen Landschaften der Cottbuser Malerin und Scheuerecker-Elevin Mona Höke zeigen die Sperls erstmalig auch Arbeiten von Carola Czempik. Beinahe alchemistisch muten ihren Experimente mit Gesteinsmehlen, Pigmenten, Wachs, Salzen und Acryl auf Leinwand an. Wie die von Rainer Fürstenberg gezeigten bildhauerischen Arbeiten setzen Czempiks Zyklen „Salzspiegel“ und „Steinzeichen“ nicht auf das große Format, wohl aber auf Fingerspitzengefühl für innovative Formensprache und sinnliches Gespür für Materie.
Die Ausstellung „Bonbons“ ist bis zum 21. März, Mi bis So 12-18 Uhr, in der Sperl Galerie, Am Kanal 47, zu sehen.
Almut Andreae
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