Von Gerold Paul: Bunter Hund
Kurt Krömer im vollbesetzten Nikolaisaal
Stand:
Keine Polenwitze! Das schien am Dienstag zwischen Kurt Krömer und seinem stummen Pianisten aus „Po-Land“ ausgemacht, aber dann kamen doch einige aus ihm heraus. Ein Saal voll quietschvergnügter Leute bis unters Dach quittierte mit heftigem Applaus, was die „KRÖM DE LA KRÖM“ ihm da im Nikolaisaal zu sagen hatte. Der Mann mit seiner altmodischen Hornbrille und dem überlangen Jackett („Ick schwitz schon jetzt wie eine Sau!“) ist nicht allein bekannt wie ein bunter Hund, der Neuköllner ist auch einer.
Fuhr ein Auto sein Fahrrad an, fragte der Polizist den auf der Straße Liegenden: „Ach! Herr Krömer! Was machen Sie denn da unten? Ich hab mich mal einen Moment hinjelegt“, so die schlagfertige Antwort. Eine wahre Geschichte aus Berlin. Aber es geht auch anders. Sein Zweistundenprogramm war nicht nur unterhaltsam, sondern auch voller Anzüglichkeiten, kräftiger Worte, Witze, Satire, Blödeleien, eine Mischung von gespielter Unschuld und gekonnter Raffinesse. Subversion.
Er kann mehr, als das Fernsehen erlaubt, er singt, ist ein brillanter Sprachbeherrscher, ein Regent des Publikums, welches ihm dafür zu Füßen liegt. Ein Terrorist. Ja, Krömer erzählte einen fiesen Polenwitz, der Saal brüllte, er darauf ganz ernst: „Ihr habt gelacht, nicht ich!“ Das war die Falle.
Die Welt hat den Kurt Krömer entdeckt, er den Ruhm und Erfolg. Etliche aus seiner Fangemeinde reisten ihm bis Potsdam hinterher. Zweie aus der Hauptstadt landeten auf seiner improvisierten VIP-Lounge, die Ärmsten hatten nichts zu lachen. Zuerst schickte er Robert auf den „grünen Stuhl“, dann sang er Manuela ein liebes Lied, bis die Couch umfiel und er auf ihr lag. Zuvor knallte er beiden Geschenke hin, brüllte sie an: „Freut Ihr euch!!!“ Beifall aus dem Saal für diese Publikumsmisshandlung, zugleich eine beinharte Parodie auf die Streichel-Shows im Fernsehen. Aber macht sich die Kröm de la Kröm nicht über andre Leute lustig? Mit Roberts Hilfe stellte er eine lange Schaltung zur Telefonauskunft her, Krömer live, bis die geduldige Dame ihn an der Stimme erkannte. Der Saal juchzte, auch dann, als er sich bis auf die Unterwäsche auszog, um kurz darauf als Batman über die Bühne zu hüpfen, Komiker Otto ließ grüßen. Unverkennbar wirkte hier die alte Bühnenweisheit: Den König spielen immer die anderen. So sollte man ihm „zehn Nomen“ aufschreiben, er wollte nach der Pause eine Geschichte daraus improvisieren. Man glaubt gar nicht, was auf den Zetteln stand, zur Hälfte Schmuddelkram. „Au wei!“ kommentierte selbst er solch erlesenen Publikumsgeschmack. Aber die Kröm hatte ja bereits alles aufgeheizt, von wegen „zwanzig Zentimeter abschneiden“...
Zuletzt ließ man ihn einfach nicht gehen. Gut, sagte er, dann fangen wir eben von vorne an. Und spulte im Schnelldurchlauf den ganzen Text noch einmal ab. Das war gekonnt, wie auch der hübsche Dialog zwischen einer tiefen und einer Fistelstimme über das gewisse Böse. Nur einmal wurde er etwas verlegen. Ein Potsdamer brachte ihm ein Geschenk auf die Bühne, Werderaner Ketchup. Ce la vie, da floss viel Spott zum Spender hin. Es war eine Ich-Show, wie erwartet, frech bis zur Unverschämtheit, lieblich bis zur Augenfeuchte, doch zu vieles blieb im Groben. Eigentlich schade, die Kröm de la Kröm („ich bin gut und das ist schwul so“) hätte das Zeug zu einem echten Kabarettisten: „Ben Becker liest im Tempodrom ,Die Bibel“, ick werde aus dem Koran lesen. Schließlich soll man ja die Moschee im Dorf lassen...“ Na ja, wenigstens keine Polenwitze.
Gerold Paul
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