Kultur: Buon natale
Neapolitanische Weihnacht im Nikolaisaal
Stand:
Spielt die Kammerakademie Potsdam auf historischen Instrumenten, gibt es immer etwas Besonderes zu erleben. Zumal dann auch der künstlerische Ensembleleiter Sergio Azzolini mit dabei ist. Und so sitzt der Fagottist am zweiten Weihnachtsfeiertag inmitten seiner bestens vorbereiteten Musiker in der ersten Reihe, um im Continuo an der Seite von Anna Carewe (Violoncello), Diego Cantalupi (Theorbe) und Rita Herzog (Cembalo) höchst eindrucksvoll mitzuwirken. Gemeinsam bieten sie im Nikolaisaal unter dem Titel „Buon natale“ barocke Weihnachtsmusik aus Neapel. Die hört sich zunächst wenig nach fröhlichem Frohlocken und jubilierendem Jauchzen an, wie man es vielleicht gewohnt ist. Die Klänge der neapolitanischen Komponisten sind eher verhalten und weicher getönt – wie mit einem geheimnisvollen, zart gewirkten Schleier umhüllt. Des titularen Fingerzeigs auf den Weihnachtsanlass entbehren die meisten der erklingenden Stücke. Man darf sich also ruhig sein Teil dazu denken!
Die Concerti in f-Moll und g-Moll für Streicher und basso continuo von Francesco Durante (1684-1755) stehen dafür ein. Hebt ersteres mit einem fast klagenden Andante an, leitet sich zweiteres mit einem ausdrucksreichen Affettuoso ein. Ein „ziehender“ Gestus ist beiden Werken eigen, der sich durch die Hinwendung der Kammerakademisten zu einer historisierenden Spielweise auf neu gebauten und rebarockisierten Instrumenten mit einst üblicher Besaitung einstellt. Man streicht natürlich Darm. Das Nachstimmen der Instrumente sowie Bogenhaltung und -führung beweist hinlänglich das Benutzen altväterlichen Wissens. Vibratolos geht es zu. Dadurch erzeugt sich ein relativ strenger Gestus – im f-Moll-Concerto stärker als in dem in g-Moll stehenden, in dem die Konzertmeisterin Yuki Kasai mit virtuosen Passagen brillieren kann. Dynamische Kontraste werden betont, was wiederum für ein sehr lebendiges Musizieren sorgt.
Verhaltene Klänge verwandeln sich unmerklich in federnd und schwungvoll ausgebreitete Freude. Im D-Dur-Concerto für vier Violinen von Leonardo Leo (1694-1744) erscheint die programmdramaturgische Entwicklung quasi gebündelt. Feierlich hebt das Stück an (Maestoso). Nach einem Fuga-Ausflug dürfen die Violinisti (Matan Dagan, Yuki Kasai, Christiane Plath, Peter Rainer) im dritten Satz galantes und sehnsuchtsvolles Saitensingen betreiben, im Allegro schließlich graziös auftrumpfen. Dagegen verbreitet das Fagottkonzert B-Dur von Ferdinando Lizio (? - 1778) von Anfang an viel fröhliche Stimmung. Sergio Azzolini kostet sie musikantenlaunig und witzig aus, lässt sich die rhythmischen Eskapaden sozusagen genüsslich auf der (Blattrohr-)Zunge zergehen.
Als ein weiteres Solisteninstrument erweist sich der lyrische Koloratursopran der jungen spanischen Sängerin Nuria Rial, die das mehrteilige „Salve Regina“ c-Moll von Giovanni Battista Pergolesi (1710-1736) und die Weihnachtskantate „O di Betlemme altera poverta“ von Alessandro Scarlatti (1660-1725) mit ihrer leuchtkräftigen, ganz auf lyrischer Linie liegenden, der freudigen Aufschwünge sich lustvoll hingebenden Stimme singt. Zartem Bittgesang verleiht sie etwas Anrührendes, dem Geburtsbericht aus Bethlehem liebreizende Verkündigung. Mit ihrem süßen Pianissimo verwandelt sie das Finale mühelos in einen hirtenmusikalischen Hymnus. Der vokale „Stern von Bethlehem“ wird genauso wie die Musiker ausgiebig gefeiert. Peter Buske
Peter Buske
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: