Kultur: Chance zur Integration
Filmprojekt im Kibuz beendet / Arbeiten vorgestellt
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Neben- und miteinander leben jüdische, russische und deutsche Kulturen im „Kultur-, Integrations- und Begegnungszentrum“ Kibuz in der Berliner Straße. Wie sie miteinander umgehen, war am Montag zu erleben. Von EU, Bund und der Stadt Potsdam ermöglicht, waren Mitglieder der jüdischen Gemeinde, russische Migranten, Freunde und Bekannte, beim Finale eines achtmonatigen Filmprojektes dabei.
Der Sinn dieser Initiative für soziale Zwecke liegt in einer berufs- und arbeitsmarktorientierten Qualifikation. Sie sollte zehn Kurs-Teilnehmern „eine Chance zur Integration“ geben, sagt Kibuz-Chef Nikolai Epchteine in seiner russisch gehaltenen Ansprache. Wie groß sie auf dem stark umworbenen „Markt“ tatsächlich ist, kann man sich denken. Sergej Finn, einer der von Kameramann Karl Faber betreuten Eleven und zugleich Dolmetscher, steht wohl für das Gelingen: Dank dieses Projektes sei er beim russischen Fernsehen erfolgreich in die Branche eingestiegen.
Die von Kibuz in Auftrag gegebenen Dokumentarfilme sollten etwas über Potsdam, aber auch über „die Seelenlage“ dieser Gruppe erzählen. Film Nummer eins zeigt in gebotener Kürze die „spätimpressionistische“ Malerin Sibylle Boden-Gerstner aus Kleinmachnow bei einer Vernissage im benachbarten Hause. Gespräche, Leute, dann Gemälde, worin Fotos der Künstlerin einmontiert wurden. Erstaunlich, wie die Künstlerin die „schönste Stadt der Welt“, das versinkende Venedig, mit der Dresdner Bombennacht vom Februar 1945 in Beziehung setzte: Der Angriff erfolgte während des Karnevals. Schön, dass die jungen Leute diesen gelungenen Streifen ihr widmeten.
Der anschließende „Hauptfilm“ macht mit dem „Innenleben“ des Potsdamer Kibuz bekannt. Sergej Finn gibt sich als Schlüsselgewaltiger. Eine Totale außen, dann die Welt drinnen: Chor- und Tanzunterricht, Sport und Englischkurse, Lernen und Feiern. Ruhiger Rhythmus, für sich selbst sprechende Szenen, eine ordentliche Montage. Bei Karl Faber hatte man ja „das ganze Programm des Filmens“ gelernt, von der Konzeption bis zur Endfertigung.
Der dritte Film schien für diesen Abend zu lang, nur auszugsweise wurde das darin eingefangene Festkonzert mit dem russisch-jüdischen Ensemble „Arpeggiato“ im benachbarten Lichthof des Zivilwaisenhauses gezeigt. Anlass war der 60. Gründungstag von Israel, der fernen Heimat dieser Potsdamer.
Dank und Rosen für alle Filmemacher. „Kommen Sie zu uns, und Sie werden hier Freunde finden“, lockt das aktuelle Monatsprogramm. Man kennt sich, man pflegt die vertrauliche Geselligkeit, für einen Außenstehenden bleibt es eine Welt für sich.
Vielleicht findet sich Gelegenheit, die gezeigten und die nicht gezeigten Filme dem hiesigen Fernsehen anzubieten, handwerkliche Qualität und Aussagekraft haben sie allemal. Gerold Paul
Gerold Paul
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