Kultur: Crossover
Jahresendausstellung mit vierzehn Künstlern in der Galerie Ruhnke
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Nun neigt sich das Jahr, nur noch wenige Tage trennen uns von der hoffentlich seligen Bescherung, und jetzt zeigt auch die Galerie Ruhnke in einer Art Resümee und gleichzeitigen Vorschau das, was ihr an der modernen Kunst wichtig ist. Neu dabei sind die Fotoarbeiten, die von deutschen, rumänischen und chinesischen Künstlern gefertigt wurden, und fast schon traditionell zu nennen ist die Hingabe zur vorzeigbaren, handwerklich beständigen und ästhetischen Skulptur und Malerei.
Vierzehn Maler, Grafiker, Bildhauer und Fotografen zeigen sich in der Galerie, die einem Labyrinth gleicht, in dem man sich zwar nicht verläuft, das aber durch die fünf Abteilungen immer wieder neue Perspektiven freigibt und andere Blicke ermöglicht. So hängen im hinteren Raum die schmalen Bahnen aus Reispapier von Heqi Yetu mit den verwunschenen Titeln „Sich an vielen Dingen erfreuen“, „Klarer Mond“ und „Was man sich wünscht“. So träumerisch klar sind auch die Bilder selbst und schauen mit ihrer ästhetischen Reinheit auf die Fotos von Sabine Breithor an der Wand gegenüber: Weite Winterfelder und der archaisch anmutende Ackergaul bei der Arbeit lassen eine Zeit wiederauferstehen, die offensichtlich im Brandenburgischen noch nicht vergangen ist.
Die Fotografin zeigt auch kleinere Skulpturen aus schamottiertem Ton, die einen würdigen Kontrast zu ihrem fotografischen Werk bilden: Die Meerjungfrau schaukelt in inniger Eigenharmonie und der Grimmige schaut nur maßvoll griesgrämig auf seine Umgebung. Die wird von den beiden Farbholzschnitten von Michael Arantes Müller „Wurzelturm“ und „Für Francis Picabia“ gebildet - und der Titel des letzteren zeigt auch die künstlerische Tradition, auf die sich Arantes-Müller hier sehr deutlich beruft. Ibrahim Koskun weitet den assoziativen Raum mit dem großformatigen Ölgemälde „Wir waren einmal drei“, in das man sich alle möglichen Konstellationen wie Paar mit Kind oder auch eine ménage à trois hineindenken kann – je nach Stimmung und eigener Geschichte. Immer wieder wartet Hans-Dieter Schmidt mit seinen Holzskulpturen auf, die sich der klassischen Moderne anschmiegen und eine eigene Schönheit entfalten. Ulla Walters „grüner Kopf und schwarze Wolken“ dominiert die Seitenwand des Sofaraumes, und man meint, dass der grüne Kopf mit seinen Schlieren geradenwegs auf einen zugerollt käme und stellt nach eingehender Betrachtung fest, dass die schwarzen Wolken alles andere als schwarz sind.
Shala Safarzadehs kleine braune Quadrate fallen dagegen ziemlich ab, aber es hängen ja zum Glück die interessanten Fotos eines chinesischen Runddorfes von Ruiyan Chen in der Nähe. Tief kann man in die uns fremde Kultur einsinken, und man staunt über die Organisation des Lebens auf engstem Raum und versteht, dass man sich in solchen Dorfarchitekturen einerseits wohl und geborgen, andererseits aber auch eingesperrt fühlen kann. Myohseki Shimura thematisiert den Ausstellungstitel „crossover“ in den beiden Arbeiten, die westliche und östliche Kunst miteinander verknüpfen und ihr dadurch eine Vielschichtigkeit verleihen. Christian Heinrich erschafft eine asiatische Unschwere in seinen Bildern, die doch ganz dem Westen verhaftet sind. Die Fotografien der Rumänin Loredana Nemes zeigen Alltagszenen aus Vietnam und Bukarest, und aus der Kamerasicht dieser Künstlerin wirken die beiden unterschiedlichen Welten plötzlich sehr ähnlich.
So hält die Ausstellung, was ihr Titel verspricht, in mehrfacher Hinsicht: Die Künstler aus unterschiedlichen Regionen der Welt korrespondieren durch die Hängung ästhetisch miteinander, aber das Crossover der Kulturen wird auch in den einzelnen Bildern und Fotografien erfahrbar - und sei es nur deshalb, weil das Galerieprogramm es nahe legt.
So kann man räsonieren über den spezifisch gelenkten Blick und über Ähnlichkeiten und Unterschiede der Kulturen. Man muss in diesem Fall nicht traurig sein über die Globalisierung in der Kunst, denn sie eröffnet neue Horizonte. Und das ist in der dunklen Jahreszeit sehr wichtig.
Bis 14. Januar, Galerie Ruhnke, Hegelallee 41, Di bis So 14 bis 19 Uhr.
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