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Kultur: „Das Baby kann jetzt ohne mich laufen“

Klaus Keil: Erneuerung des deutschen Films geht von Berlin-Brandenburg aus

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Klaus Keil: Erneuerung des deutschen Films geht von Berlin-Brandenburg aus Rund 440 Kinofilme – vom Oscar-Gewinner „Der Pianist“ bis zum Kassenschlager „Good bye Lenin“ – hingen mehr oder weniger von ihm ab: Klaus Keil, zehn Jahre lang Intendant und damit Alleinentscheider der Filmförderung Berlin-Brandenburg. „Wir haben dank toller Produzenten und Stoffe eine Erfolgsbilanz aufzuweisen“, sagt Keil, der am 1. April seinen Posten aufgab. Seit Gründung der Filmboard GmbH im Juni 1994 seien mit rund 160 Millionen Euro etwa 1300 Projekte – vom Kinofilm bis zum Verleih – unterstützt worden. „Diese führten zu einer halbe Milliarde Euro Umsatz in der Region.“ Das vergangene Jahr war das erfolgreichste seit Bestehen der Filmboard GmbH: „Von uns geförderte Filme haben für Umsätze von rund 70 Millionen Euro in der Region gesorgt und mehr als 15 Millionen Zuschauer in die Kinos gelockt.“ Zudem konnten die Streifen rund 300 nationale und internationale Preise einheimsen. Auch dieses Jahr lässt sich gut an. So stecken in dem Film „Die fetten Jahre sind vorbei“, der gerade auf dem Filmfestival in Cannes als erster deutscher Wettbewerbsbeitrag seit elf Jahren lief, auch Gelder der seit Jahresanfang in der Medienboard GmbH integrierten Filmboard GmbH. „Wir haben es in der Region geschafft, mit der Filmwirtschaft 50 Jahre Vorsprung im Westen aufzuholen“, meint Keil, ein bekennender Workaholic. „Und jetzt befinden wir uns an einer historischen Marke – denn Berlin-Brandenburg könnte endgültig das neue Filmzentrum für Deutschland werden.“ Daher müsse die Politik dieses Potenzial – unter anderem mit dem traditionellen Filmstudio Potsdam-Babelsberg und Berlins „magnetischer Anziehungskraft“ auch für Hollywood-Größen – nutzen und die Gelder aufstocken. „Denn die Erneuerung des deutschen Films geht von der Medienregion Berlin-Brandenburg aus.“ Noch 1994 hatten die beiden Länder für die Filmförderung 40 Millionen Mark im Jahr zugesagt; seit 1996 sind es laut Keil nur noch 24 Millionen Mark, beziehungsweise zwölf Millionen Euro. „Das ist im Verhältnis zu Potenzial in der Region viel zu wenig.“ Doch das Geld war nicht der Grund, warum der im Sudetenland geborene Keil – „Film ist mein Leben, meine Leidenschaft“ - seinen Intendantenposten aufgab. „Das Baby Filmförderung ist jetzt groß genug, um ohne mich zu laufen“, meint Keil, der jährlich über 200 bis 300 in die engere Auswahl gekommene Anträge befand und alle Akten und die meisten Drehbücher las. „Zehn Jahre mit dieser Schlagzahl sind einfach genug.“ Denn – anders als in den übrigen Ländern mit Filmförderung – hingen alle Entscheidungen nur von seinem Votum ab. „Ich habe immer versucht, radikale Werke zu fördern“, sagt Keil, der eigentlich Betriebswirtschaft und Kunstgeschichte studiert hat und vormals zum Auktionshaus Sotheby''s gehen wollte. Dabei denke er etwa an „Lola rennt“ von Tom Tykwer (1998) oder „Die Unberührbare“ von Oskar Roehler (1999). „Das Intendantenmodell, das 1994 eine mutige Entscheidung war, hat sich voll bewährt. Wir sind damit vor allem näher dran an den Produzenten als die Gremien in anderen Ländern.“ Keil, der früher auch als Regieassistent unter anderem für Volker Schlöndorff („Die Blechtrommel“) arbeitete, ist noch bis Jahresende als Berater bei der Medienboard GmbH. In Kürze soll sein Nachfolger als Intendant benannt werden. Vor allem widmet sich Keil, für den Leben ständiger Wandel und lebenslanges Lernen bedeutet, nun seiner neuen Stelle als Direktor des Erich Pommer Instituts an der Universität Potsdam und an der Filmhochschule „Konrad Wolff“. „Mein Ziel ist es, durch unsere Veranstaltungen das Bewusstsein für mehr Professionalität inhaltlich und unternehmerisch weiter zu schärfen“, sagt Keil – und geht mit einem dicken Stapel Drehbücher unter dem Arm nach Hause. dpa

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