Kultur: Das Bad in der Menge
Fähnchenmeer und Feuerkronen zum Abschluss der Musikfestspiele
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Grandioser Abschluss der Musikfestspiele: 3600 Zuhörer – weit mehr als in den vorigen Jahren – vergnügten sich am Sonntagabend bei Promenadenmusik mit dem Filmorchester Babelsberg im Ehrenhof des Neuen Palais. Das perfekte Wetter an diesem lauen Sommerabend, die schöne Schlosskulisse und der aufsteigende Halbmond am dunklen Himmel setzten als mehr oder weniger zufällige Details der prachtvollen Inszenierung mit Musik und Feuerwerk die Krone auf.
Englisch, königlich und populär ging es beim Abschluss der „Musica Britannica“ zu – eine Autofirma hatte eigens britische Papierfähnchen verteilt. Für das Deutsche Filmorchester Babelsberg kamen solche Ausmaße gerade Recht. In großer Besetzung tummelte es sich unter seinem Stammdirigenten Scott Lawton wie der Fisch im Wasser in einem Bühnenaquarium, das an drei Seiten von profanen Plastikplanen umschlossen wurde.
Leicht-beschwingt zieht die Musik durch das Konzert, von Gioacchino Rossinis Ouvertüre zur „Diebischen Elster“ über Teile aus Edvard Griegs „Peer-Gynt-Suite“ und der Filmmusik von John Williams zu E.T. bis zu diversen hier zu Lande selten zu hörenden englischen Kompositionen.
Die Tontechnik muss diesmal ohne Einschränkung gelobt werden. Hatte das Filmorchester recht behäbig begonnen, so steigert es sich zunehmend, wenn auch Rhythmus, Dynamik und Phrasierung eher schlichten Mustern folgten. Eine Ausnahme bildet die Ouvertüre „Tam O“Shanter“ von Malcolm Arnold, ein bildkräftiges Werk über den Kampf des schottischen Nationalhelden und großen Trinkers mit den Hexen. Wie das schräge, torkelnde Fagottduo von schrillen Piccoloflöten und sausenden Violinen verfolgt wird und sich zum Finale alles zu summender orchestraler Dudelsackmusik zusammen findet, das besitzt Originalität und Stil.
Englische Märsche klingen entweder wie ein flotter Foxtrott – so im „Knightsbridge March“ – oder sie verströmen pompöse Feierlichkeit, wie William Waltons Krönungsmarsch oder Edward Elgars Märsche, von denen der erste „Land of Hope and Glory“ natürlich nicht fehlte.
Die Sopranistin Deborah Hawksley beeindruckte besonders mit ihren Gewändern, die sie für jeden ihrer vier Auftritte wechselte. War sie bei den Arien von Gioacchino Rossini „Una voce poco fa“ und Giuseppe Verdi „O don fatale, o don crudel“ noch hoffnungslos überfordert, so gelangt sie bei „Rule Britannia“ und „Jerusalem“ in sicheres Fahrwasser. Mit der britischen Flagge auf dem Oberteil und schmetternden Koloraturen aus voller Brust verleiht Deborah Hawksley dem Finale originales „Proms“-Ambiente. Weniger als die Reinheit der Töne, der Klang der Musik zählt der Spaß und das allgemeine Bad in der Menge.
Begeistert schwenken die Zuhörer ihre Fähnchen, manche blasen auf mitgebrachten Tröten, doch insgesamt bleibt das Publikum vergleichsweise brav und ergötzt sich lieber am Feuerwerk. Pyrotechniker Olaf Goede übertraf sich diesmal selber, so synchron und mit erlesenen Farbspielen zünden seine Feuerspiele zur Musik, ohne sie laut zu übertrumpfen – ein fantastisches Finale der diesjährigen Musikfestspiele.
Babette Kaiserkern
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