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Kultur: Das besinnliche Moment des Materials Huang Zheng zu Gast

im Kunsthaus Sans Titre

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Er hat es ganz vorsichtig gemacht. Stein für Stein hat er geputzt und mit einer Aufschrift versehen. Datum, Zeit und Ort hat er notiert. Dann hat er die Steine genommen und sorgsam zu einem Kreisrund gefügt, das nun im Kunsthaus Sans Titre auf dem Boden liegt. Es sind besondere Steine: Albino-Ziegel, weiße, helle Ziegel. Der chinesische Künstler Huang Zheng hat den Kreis gelegt.

„Niemand weiß, wie die zustande kommen. Sie entstehen beim Brennen und sind eigentlich unbrauchbar, weil sie mit ihrer hellen Außenfarbe zu weit aus dem Farbspektrum der rotbraunen Ziegel herausfallen“, erklärt Chris Hinze, der das Kunsthaus zusammen mit Mikos Meininger leitet. Die Steine sind geschredderte Ziegel, die Huang Zheng in einer Potsdamer Ziegelei gefunden hat.

Für einen Monat ist der Chinese zu Gast im Sans Titre. Zhang ist Preisträger der letztjährigen Ausstellung chinesischer Künstler in Potsdam. Organisiert von Yu Zhang von der Gesellschaft für Deutsch- Chinesischen kulturellen Austausch e.V., und kuratiert von der Chinesin Li Rui sind auch dieses Jahr wieder 40 Künstler aus China nach Potsdam gekommen. Acht der renommiertesten Kunsthochschulen Chinas haben nach einem Wettbewerb und einer Auswahl ihre besten Absolventen geschickt, um neueste chinesische Kunst in Potsdam zu präsentieren. Ein breites Spektrum chinesischer Malerei zeigt das Kunsthaus. Objekte und Bilder sind zentriert um ein Feld von schneeweißen Papiertüten. Die Werke zeigen, dass die chinesische Kunst nicht so leicht auf einen Nenner zu bringen ist. Sie reicht von der kontemplativen Installation Huang Zhengs bis hin zu feinen Tuschzeichnungen und abstrakten Ölmalereien. Die meisten Bilder haben figürliche Anklänge, spielen aber mit Form und Farbe.

„Deutsche Kunst ist in China hoch angesehen“, sagt Yu Zhang. Nicht nur deutsche Autos, auch Malerei und Installation aus Deutschland würden dort sehr genau wahrgenommen. Die Hochschullehrerin Zhang lebt seit 24 Jahren in Deutschland. Der kulturelle Austausch zwischen Deutschland und China ist ihre Herzensangelegenheit. Engagiert und in bestem Deutsch beschreibt sie die Arbeit Huang Zhengs. „Das ist eine Kunst, die weitab von den Moden des Kunstbetriebes liegt“, findet Zhang, „es geht um Wiederverwertbares, um Kreisläufe von Material und Natur.“ Nun ist Zheng nicht der erste Künstler, der Steinkreise legt und sich kontemplativ mit Naturmaterialien auseinandersetzt. Richard Long baut gerne auf seinen Wanderungen durch Amerika kreisrunde Formen und auch Andrew Goldworthy experimentiert mit allerlei Steinen, Gräsern und Stöcken. Zheng allerdings verbindet das besinnliche Moment des Materials mit der Tradition der chinesischen Kunst. Denn auch Tuschzeichnungen und verbrannte Aschen sind in der Ausstellung zu sehen. In einem langwierigen Prozess hat der Künstler Papier verbrannt, die erhaltene Asche noch einmal fein gesiebt und sie schließlich auf einer weißen Fläche positioniert. Schwarze Tuschzeichnungen formen sich zu Flecken und Linien. Zheng zerreißt die Form und arrangiert die Einzelteile neu. Eine kleinteilige Collage entsteht. Ein Hinweis auf die zerrissene chinesische Kultur zwischen Tradition und Moderne? Richard Rabensaat

Richard Rabensaat

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