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Die Flötistin mit dem besonderen Etwas: Jana Semerádová

© promo

Kultur: Das besondere Etwas

Das Potsdamer Ensemble „Die kleine Cammer-Music“ widmet sich den Flötenkonzerten von Quantz

Stand:

Dass Johann Joachim Quantz mehr war als nur der Flötenlehrer Friedrichs des Großen und dass er mehr hinterlassen hat als nur seine berühmte Flötenschule mit dem prachtvollen Titel „Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen: mit verschiedenen, zur Beförderung des guten Geschmackes in der praktischen Musik dienlichen Anmerkungen begleitet, und mit Exempeln erläutert. Nebst XXIV Kupfertafeln“, das war Wolfgang Hasleder schon seit Jahren klar. Doch erst als er Jana Semerádová kennenlernte, wusste Hasleder, dass er jetzt den Beweis antreten könne. Den Beweis, um zu zeigen, das Johann Joachim Quantz auch ein herausragender Komponist war.

Johann Joachim Quantz, geboren 1697 im niedersächsischen Scheden, gestorben 1773 in Potsdam, hat ungefähr 300 Flötenkonzerte geschrieben. Ein Großteil davon entstand am preußischen Hof, wo er seit 1741 als Kammermusikus und Hofkomponist tätig war. Von einem Musikerreservat spricht Hasleder. Denn die Aufgaben von Quantz bestanden allein im Unterrichten des Königs, im Leiten von Hauskonzerten und im Komponieren. Und was Quantz hier komponierte, sollte das Schloss nicht verlassen. Musik, vom König bezahlt und nur für ihn und seine Unterhaltung gedacht. Jedes Jahr entstanden so sechs Flötenkonzerte immer in einer festgelegten Tonartenfolge, was, so Hasleder, die Datierung der Notenschriften erleichtert, die es sowohl für das Neue Palais als auch für das Schloss Charlottenburg gab.

„Salonmusik, Gebrauchsmusik für höfische Zwecke“, sagt Hasleder. Das sind die Etikette, die Quantz’ Flötenkonzerten anheften und sagen sollen: Schöne Musik, ja, aber mehr als glänzende Oberfläche ist da nicht. Unter dem Titel „Königliche Cammermusik – Flötenkonzerte von Johann Joachim Quantz“ will der Potsdamer Violinist und Leiter des Ensembles „Die kleine Cammer-Music“, Wolfgang Hasleder, zusammen mit der Flötistin Jana Semerádová am Freitag im Bürgerhaus am Schlaatz und am Sonntag in der Friedenskirche zeigen, wie stark es unter dieser Oberfläche doch brodeln kann.

Vor fünf Jahren hat Hasleder „Die kleine Cammer-Music“ gegründet, seit drei Jahren bietet er mit diesem Ensemble die Reihe „Harmonia Mundi – Musica Coelestis“ für Alte Musik in Potsdam an. Vier Doppelkonzerte pro Jahr, eines an einem für diese Musik renommierten Ort wie der Friedenskirche, das andere im Bürgerhaus am Schlaatz, sozusagen Neuland für diese Art von Musik. Dabei war es immer die Absicht von Hasleder und seinen Musikern, nicht einfach nur Bekanntes aus der Welt der klassischen Musik zu präsentieren, sondern das Gespielte und die Verbindungen und Einflüsse der verschiedenen Komponisten aufzuzeigen. So gehören neben der Musik auch einführende Vorträge zum Programm von „Harmonia Mundi – Musica Coelestis“. Und so wird auch die „Königliche Cammermusik – Flötenkonzerte von Johann Joachim Quantz“ einem Konzept folgen.

„Diese Musik von Quantz wurde vor ausgewähltem Kreis gespielt“, sagt Hasleder. Eine Salonatmosphäre, an deren exklusiver Gestaltung das Ensemble „Die kleine Cammer-Music“ sein Publikum teilhaben lassen will. Und weil Friedrich zu diesen Konzerten regelmäßig auch Sängerinnen einlud, somit bewusst einen kleinen Wettstreit zwischen Flöte und Stimme provozierte, stehen bei der „Königlichen Cammermusik“ zwei Arien von Johann Adolph Hasse und Carl Heinrich Graun auf dem Programm, für die Hasleder die Sopranistin Christine Wolff gewinnen konnte. „Der perfekte Gegenpart zur Flöte, mit einer Stimme, die sich behaupten kann, ohne sie unnötig forcieren zu müssen“, so Hasleder.

Und dann spricht Wolfgang Hasleder über die Musik von Johann Joachim Quantz, über die man, so seine Aussage, im Grunde gar nicht reden könne. Spielen und hören, erfahren und erkennen; darum kreist Hasleders Verständnis von Quantz’ Kunst. Und all das ist abhängig von Musikern, die vermitteln können. Denn unter der angeblich nur schön polierten Oberfläche gilt es eine vornehme Zurückhaltung zu entdecken, die voller Virtuosität und Farbe ist. „Da ist nichts Plattes, wie dem galanten Stil, für den Quantz auch steht, immer noch gern nachgesagt wird.“ Diese Musik sei raffiniert und voller Höhepunkte, die man aufspüren muss. „Da reicht es nicht, einfach nur die Noten spielen zu können“, so Hasleder. Er spricht von einer Aura, einem gewissen Ästhetizismus, die sich nicht in Worte fassen lassen. „Entweder ein Musiker hat das oder er hat es nicht.“ Und für Wolfgang Hasleder gehört Jana Semerádová, mit der er regelmäßig auftritt, zu den wenigen, die genau dieses besondere Etwas nicht nur haben, sondern auch in der Musik ausdrücken können.

Die „Königliche Cammermusik“ am Wochenende ist erst der Auftakt einer Reihe von Konzerten mit der Quantzschen Flötenmusik, die für die kommenden Jahre geplant ist und dann auch auf CD erscheinen soll. „Das ist unser großes Ziel: Das Ensemble für die Flötenkonzerte von Quantz zu werden.“ Ein bisher verkanntes Erbe, das gerade hier in Potsdam eine Verpflichtung sei.

Mit gewisser Spannung blickt Wolfgang Hasleder auf die beiden kommenden Konzerte. Wie wird wohl das Publikum darauf reagieren, fragt er. Denn bei Quantz genüge es nicht, dass er von erkennenden Musikern gespielt wird. „Das Publikum muss auch bereit sein, sich auf ihn einzulassen“, sagt Hasleder.

„Königliche Cammermusik - Die Flötenkonzerte von Johann Joachim Quantz“ am morgigen Freitag, 18.30 Uhr, im Bürgerhaus am Schlaatz und am Sonntag, 30. Oktober, 17 Uhr, in der Friedenskirche. Der Eintritt für das Konzert in der Friedenskirche kostet 14, ermäßigt 10 Euro

Dirk Becker

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