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Kultur: „Das Konzert ausfallen zu lassen war unvorstellbar“ Knut Andreas über „Klassik am Weberplatz“ im Filmstudio und eine Bühne mit Überdachung

Herr Andreas, „Klassik am Weberplatz“, das seit sechs Jahren etablierte Klassik-Open-Air, fand am Wochenende zum ersten Mal nicht am Weberplatz statt, sondern in einem Studio der Filmstudios Babelsberg. Was war passiert?

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Herr Andreas, „Klassik am Weberplatz“, das seit sechs Jahren etablierte Klassik-Open-Air, fand am Wochenende zum ersten Mal nicht am Weberplatz statt, sondern in einem Studio der Filmstudios Babelsberg. Was war passiert?

Die Regenwahrscheinlichkeit war einfach zu groß, im Laufe des Donnerstags mussten wir entscheiden: Es geht nicht draußen.

Und dann hat es doch nicht geregnet.

Ja, aber wir bauen bereits lange vorher auf, das war einfach zu riskant für das Instrumentarium und die Tontechnik.

Warum konnten Sie nicht die Friedrichskirche wie im vergangenen Jahr nutzen?

In die Kirche hätten wir niemals alle hineingepasst. In diesem Jahr spielten wir mit der vollen Besetzung des Sinfonieorchesters, plus Gastmusiker – eine zweite Harfe, extra Bläser, insgesamt sieben Pauken. 75 Musiker – da reicht einfach der Platz in der Kirche nicht aus. Außerdem fasst die Kirche nur etwa 500 Besucher. In das Filmstudio kamen etwa 1500, trotz der kurzfristigen Planänderung. Dass wir das geschafft haben, einen Ersatzort zu finden, das Orchester, die ganze Logistik, Ton und Licht, die Händler in nur 2 Tagen umzuziehen und noch einen kostenfreien Bus-Shuttleservice für die Besucher vom Weberplatz zu den Studios einzurichten, und all das ohne Infrastruktur eines Orchesterbüros, das macht uns schon sehr stolz.

Wäre das Studio der Filmstudios Babelsberg auf Dauer eine Alternative?

Der Ort passte sehr gut zum Programm, zu der Science-Fiction-Filmmusik, zum Thema Weltall. Aber ein Filmstudio ist natürlich kein Konzertsaal. Im Studio sind die Wände mir Akustikkollektoren bestückt, die den Klang schlucken. Diese trockene Akustik hat uns zu schaffen gemacht. Wir hatten eine Probe, um uns daran zu gewöhnen, das reichte nicht. Die Bläser hörten die Streicher nicht – das war schon problematisch. Und das hat man natürlich auch gemerkt. Aber die Alternative, das Konzert ausfallen zu lassen, wäre unvorstellbar gewesen.

Sie und Ihre Musiker betreiben jedes Jahr einen enormen Aufwand für nur ein Konzert. Warum führen Sie das Programm nicht mehrmals auf, um so mehr Zuhörer und selbst mehr Routine zu gewinnen?

Wir gehen ja immer vom Optimalfall aus: Ein großartiges Open-Air-Event bei gutem Wetter – das macht man eben nur einmal. Und dann ist das tatsächlich eine Kostenfrage. Wir haben immense Kosten, vor allem die Aufführungsrechte – für jede Aufführung extra – sind teuer. 24.000 Euro kostet uns Klassik am Weberplatz in diesem Jahr, die Finanzierung ist immer eine Zitterpartie. Von der Stadt gibt es 9000 Euro Projektfördermittel, gut 3000 Euro haben wir an Spenden direkt an dem Abend eingenommen, so viel wie noch nie, wofür wir sehr dankbar sind. Aber der Rest, die gute Hälfte, muss über Sponsoren und Eigenmittel gedeckt werden, beispielsweise aus den Mitgliedsbeiträgen der Musiker. Wir sind ja ein Verein.

Oberbürgermeister Jann Jakobs, der auch beim Konzert war, hat am Samstag angeregt, über eine Bühne mit Überdachung nachzudenken. Was halten Sie von dieser Idee?

Die Idee finde ich gut. Wir werden die Kosten prüfen und durchrechnen. Das bisherige Budget wird für eine Überdachung jedoch nicht ausreichen.

Soll es bei dem freien Eintritt für „Klassik am Weberplatz“ bleiben?

Ja, wir wollen die Schwelle niedrig halten, Berührungsängste mit dem Genre Klassik abbauen helfen. Wir wählen unser Programm auch stets so aus, dass es viele Altersgruppen und nicht nur die eingefleischten Klassik-Fans anspricht. Auch das ist kulturelle Bildung.

Sie würden von der Stadt gern statt jährlicher Projekt-Fördermittel eine kontinuierliche institutionelle Förderung erhalten. Gibt es diesbezüglich Signale aus dem Fachbereich Kultur?

Nein, es gibt keine Signale. Aber ich denke, dass das Sinfonieorchester Collegium musicum Potsdam, das seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Potsdamer Kulturlandschaft ist, dringend auf eine stabile finanzielle Basis gestellt und unsere Arbeit dadurch gesichert werden muss. Wir machen ja noch viel mehr: Kinderkonzerte, Proben mit Schulklassen, Sinfonieorchester für Senioren, „Brandenburg-Brasilien“. Am 25. Oktober führen wir mit der Singakademie Potsdam Carl Orffs „Carmina Burana“ im Nikolaisaal auf, im November gibt es ein Sinfoniekonzert mit jungen Talenten unter anderem aus der Städtischen Musikschule Potsdam. Und dann freue ich mich riesig auf die Operettenabende im Januar: In der Biosphäre führen wir „Drei Alte Schachteln“ von Walter Kollo auf. Die Handlung spielt in Potsdam rund um den Park Sanssouci – die Operette wurde in unserer Stadt aber noch nie aufgeführt.

Das Gespräch führte Steffi Pyanoe

Knut Andreas, 35, ist Musikwissenschaftler, Multiinstrumentalist und Dirigent. Seit 1998 ist Andreas künstlerischer Leiter des Sinfonieorchesters Collegium musicum Potsdam.

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