Kultur: Das Meer und die Liebe Hofkonzert mit musikalischer „Aquarelle“-Malerei
Aquarelle sind mit Wasserfarben gemalte Bilder, zumeist auf Papier. Dort erscheinen sie leicht, luftig, durchscheinend.
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Aquarelle sind mit Wasserfarben gemalte Bilder, zumeist auf Papier. Dort erscheinen sie leicht, luftig, durchscheinend. Tragen Musikstücke diesen Titel, erwartet man sich ähnliche Klangeindrücke. „Narzisse“, „Bootsmann“ und „Erwartung“ nennen sich drei „Aquarelle“ von Frangiz Ali-Zadeh (geb. 1947), die dem jüngsten Klangprojekt der Potsdamer Hofkonzerte den Namen gaben.
Kurzfristig wurden sie vom Programm genommen. Vielleicht, mag sich Veranstalterin Barbara V. Heidenreich nach einer vorherigen „geschlossenen Veranstaltung“ gefragt haben, sind diese ungewöhnlichen Notationen für Sopran, Flöte und präpariertes Klavier doch nicht das Geeignete für jenes Publikum, welches im friderizianischen Ambiente des Schlosstheaters im Neuen Palais eher galante Klänge als rabiate Eingriffe ins Klaviergedärm erwartet.
Damit aber war dem innovativen Programm mit Werken des 20. Jahrhunderts schlichtweg das Motto abhanden gekommen – wenn da nicht im Untertitel die Verheißung gewesen wäre, dass auch „Die Farben des Meeres“ musikalisch gemalt würden. So nennt sich die Komposition für Altflöte, Violoncello und Klavier von der Usbeko-Australierin Jelena Kats-Chernin (geb. 1957), vom Meininger-Trio bei ihr in Auftrag gegeben. Entstanden ist ein weitgehend tonales Gebilde, das mit den Farbtönungen des Meeres vom Sonnenaufgang bis zum Mondscheinleuchten spielt – mit besten Nachahmergrüße von Debussys sinfonischem Porträt „La mer“ und seinen impressionistischen Schattierungen. Die sucht und findet man in der neutönerischen Neuauflage allerdings vergebens.
Das Klavier (Rainer Gepp) tastatiert geläufig, das Violoncello (Francoise Groben) zupft zunächst Akkorde dazu, um später mit vibratointensivem Streichen an Ausdrucksintensität zu gewinnen. Die Flöte (Christiane Meininger) beginnt mit Geräuschhaftem, führt die Flatterzunge vor, ehe sie sich melodiösen Eindrücken und der Leidenschaft zuwendet. Zunächst wird aquarellistisch leicht musiziert, dann gewinnt sich zunehmend Aufgeregtes die Oberhand.
Ganz anders die gleichbesetzten „Fünf Impressionen vom Leben auf dem Lande“ von Eugène Goossens (1893-1962), beethoveneske Klangbilder, die entsprechende Empfindungen in naturalistischer Manier nachzeichnen. „In den Bergen“ gibt es tieflagiges Cello in satten Farben, für „Die Wassermühle“ raddrehende und wassersprudelnde Instrumentaleffekte. Nicht weniger assoziativ zeigt sich quirliges Treiben „Auf der Kirmes“. Das alles hört sich irgendwie vertraut, mitunter gar ein wenig hausbacken an. Nah am Wasser gebaut hat auch die Amerikanerin Amy Beach (1867-1944), die in einem ihrer gefälligen Lieder zum „Rendezvous“ am Meer und anderen Liebesbegegnungen („Chanson d’amour“) einlädt. In allen diesen gefühligen Herzensergießungen, vom Meininger-Trio klangvoll und legatolinear begleitet, kann Sopranist Jörg Waschinski mit seiner so selten anzutreffenden, perfekt beherrschten Stimmlage gehörig brillieren. Sein Vortrag besitzt Charme, gestalterische Nachdrücklichkeit, wirkt – jeder Peinlichkeit enthoben – herrlich natürlich.
In den „Chansons Madécasses“ von Maurice Ravel (1875-1937) kann er seine gestalterische Bandbreite einprägsam vorführen. So erzählt er in „Nahandove“ eine vor Sinnenlust vibrierende Liebesgeschichte, um im „Aoua“ mit dramatischem Ausdruck vom Freiheitskampf gegen die Weißen zu singen und in „Il est doux“ ein friedvolles Leben zu erflehen. Nie geraten im dabei die sensiblen Stimmbänder außer Kontrolle. Peter Buske
Nächstes Konzert: 21.9, 20 Uhr, Schlosstheater, Mozart-Klavierkonzerte
Peter Buske
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