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Für den guten Ton. Bettina Lange (l.) und Andrea Palent, Geschäftsführerin im Nikolaisaal, am Tonträger.

© Andreas Klaer

Kultur: Das Persönliche und die Musik

Mit „Hörlounge“ und „Potsdamer Tonträger“ soll eine Leerstelle geschlossen werden

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Zum Beispiel Beethovens Klaviersonaten. Die Gesamtaufnahmen von Wilhelm Kempff und Claudio Arrau gehören in den eigenen Plattenschrank. Und von den jüngeren Einspielungen? András Schiff selbstverständlich. Und Michael Korstick. Dann wären da Bachs Goldberg-Variationen. Natürlich Glen Gould. Als Gegenentwurf dazu Murray Perahia. Und als Entdeckung die Aufnahme von Irma Issakadze aus dem Jahr 2008.

Diese Liste ließe sich jetzt beliebig weiterführen. Nicht allein nur mit den Namen großer Komponisten und ihrer Werke, sondern auch für das, was seltener zu hören ist. Und mancher Liebhaber wird jetzt vielleicht die Hände über den Kopf zusammenschlagen und sich fragen, wie in dieser kurzen Aufzählung eine bestimmte Einspielung fehlen konnte. Welche Aufnahme in den Plattenschrank eines jeden Liebhabers gehört und welche als Referenz für folgende gelten, darüber lässt sich trefflich streiten.

Am Streit ist Bettina Lange nicht gelegen. Aber an Gesprächen über Musik. Und die können ruhig kontrovers geführt werden. Hauptsache der Besucher dieser Gesprächsrunden hat etwas davon. Nicht nur der Liebhaber, der hier vielleicht neue Anregungen für seine Schallplattensammlung bekommt, sondern auch der Neugierige, der einfach mehr wissen möchte über die Musik und Empfehlungen bekommt, welche Aufnahmen sich wirklich zu kaufen lohnen. „Hörlounge“ hat Bettina Lange diese Gesprächsabende überschrieben, die regelmäßig in den Räumen der „SperlGalerie“ stattfinden. Am kommenden Dienstag lädt Bettina Lange unter dem Titel „Ein italienischer Abend“ zur mittlerweile dritten „Hörlounge“.

Dieser „italienische Abend“ steht aber nicht allein im Zeichen der Musik. Denn neben Bettina Lange, die italienische Hörempfehlungen geben wird, werden Susanne Müller-Wolff vom Wagenbach Verlag und der Potsdamer Buchhändler Carsten Wist über junge italienische Literatur sprechen. Anregende Gespräche in Salonatmosphäre, wie sie das Projekt „Musik – Literatur – Mobil in Potsdam“ vorsieht. Und die „Hörlounge“ ist Teil dieses Projekts, das in Potsdam mehr als nur eine Leerstelle füllen will.

Im Sommer 2008 schloss in Potsdam die einzige Musikalienhandlung, in der neben klassischer Musik vom Mittelalter bis in die Moderne auch Noten und Fachliteratur nicht nur gekauft werden konnten, sondern auch eine Beratung erfolgt. Zusammen mit Carsten Wist hat die Musikfestspiele Sanssouci und Nikolaisaal gGmbH daher das Projekt „Musik – Literatur – Mobil in Potsdam“ ins Leben gerufen, mit dem diese Lücke gefüllt werden soll. So steht seit Dezember bei Konzerten im Nikolaisaal der mobile Verkaufsstand „Potsdamer Tonträger“. Daneben begann Bettina Lange, Flötistin bei der Kammerakademie Potsdam, eine Weiterbildung zur „Kompetenzentwicklung in Kunst und Kultur“. Denn es geht nicht allein darum, nach den Konzerten im Nikolaisaal eine entsprechende Anzahl von CDs und Büchern zu verkaufen.

„Es geht um das Persönliche“, sagt Bettina Lange. Am „Potsdamer Tonträger“, von den Mitarbeitern im Nikolaisaal auch liebevoll „Schatztruhe“ genannt, sollen Gespräche entstehen. Hierher soll kommen, wer eine Beratung braucht. Daneben geben schon jetzt Musiker, die für ein Konzert im Nikolaisaal sind, Autogramme am Tonträger, entstehen so Gespräche zwischen Künstlern und Besuchern.

„Ich will über Geschmack reden“, sagt Bettina Lange. Und dass es für sie keine dummen Fragen gibt. So hofft sie, dass zur „Hörlounge“ auch Leute kommen, die die Klassik für sich noch entdecken möchten, aber denken, sie würden bei dieser Veranstaltung sowieso kein Wort von dem verstehen, was die Experten da vorne reden. Ein passender Auftakt war hier die „Hörlounge“ mit Antonello Manacorda, Dirigent der Kammerakademie, im April, wo verschiedene Einspielungen von Schuberts 3. Sinfonie D-Dur gehört und diskutiert wurden. Musik- und Gesprächsabende, die Lust auf Entdeckungen wecken und gleichzeitig die Welt der klassischen Musik erfahrbar machen können. Und wenn sich dann die Frage stellt, welche Aufnahmen unbedingt in den eigenen Plattenschrank gehören, weiß man, an wen man sich wenden kann. Dirk Becker

Die 3. Hörlounge am kommenden Dienstag, dem 24. Mai, um 19 Uhr in der „SperlGalerie“ in der Wilhelm-Staab-Straße 10/11. Der Eintrittspreis von 5 Euro wird beim Kauf eines Buches oder einer CD verrechnet

Dirk Becker

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