zum Hauptinhalt

Kultur: Das Schweigegebot gegenüber dem Soldatenkönig gehütet

Katholische Propsteigemeinde gibt eine wissenschaftliche Ausgabe des Tagebuchs von Pater Raymundus Bruns heraus

Stand:

Vom Tagebuch des Paters Raymundus Bruns (1706 - 1780), der im Oktober/November 1730/31 und dann von 1731 bis 1742 Seelsorger des Königs-Regiments (Nr. 6) und damit der Langen Kerls war, liegt jetzt eine Neuübersetzung vor. Sie wurde von der Katholischen Propsteigemeinde St. Peter und Paul veranlasst und soll demnächst als wissenschaftliche Ausgabe erscheinen.

Wie die Gemeindearchivare Dr. Manfred Gläser und Michael Kindler mitteilen, entkräftet sie den auch in einem PNN-Beitrag vom 9. Februar wiederholten Vorwurf, Pater Bruns habe „im Konflikt zwischen Beichtgeheimnis und Staatsräson dem Soldatenkönig eine beabsichtigte Meuterei gemeldet“ und damit polnische und ungarische Lange Kerls katholischen Glaubens grausamer Strafverfolgung ausgesetzt. Diese Formulierung hatte in der Kirchengemeinde Irritationen ausgelöst.

In seinem Tagebuch schreibt Pater Raymundus Bruns: „Glücklicherweise habe ich, mit Gottes Beistand, in meiner Zeit Tumulte beruhigt, Verschwörungen zerstreut, alles beigelegt, friedlich und ohne Lärm. Dem König blieb all das keineswegs verborgen. Einige Male musste ich ihn selbst aufsuchen ..., um ihn zu warnen ... Natürlich verlangte der König von mir, offen zu legen, wer an dem Komplott beteiligt war. Ich wandte jedoch ein, dass ich das wegen des natürlichen (allgemein moralischen) und des konfessionellen Siegels (Schweigegebots) weder könne noch wage.“ Das habe der König akzeptiert.

Weitere Recherchen Michael Kindlers und Manfred Gläsers haben ergeben, dass die 37 (nicht 80) wegen der Vorbereitung des Komplotts verurteilten Ungarn und Raitzen (Serben) ungarisch-reformierten bzw. orthodoxen Glaubens waren. Schon deshalb könne vom Bruch des Beichtgeheimnisses durch einen katholischen Geistlichen nicht gesprochen werden.

Geklärt wurde inzwischen auch, wer das Komplott vom Januar 1730 verriet. Nach der vom Direktor des Geheimen Staatsarchivs Berlin-Dahlem, Prof. Dr. Jürgen Kloosterhuis herausgegebenen Quellenedition „Legendäre ,lange Kerls““ hat Adam von Weyher, Offizier bei den Langen Kerls, beim Wein einem der „Dalmatier-Weiber“ das Vorhaben „in etwa“ entlockt.

Desertionen und Verschwörungen waren bei den in der Mehrzahl zum Dienst gepressten Langen Kerls aus vieler Herren Länder keine Seltenheit. „In Potsdam gab es fast ständig Unruhen ..., heimliche Verschwörungen gegen die Stadt, die sie anzuzünden und gegen den König, den sie zu töten beschlossen hatten, um danach zu fliehen“, heißt es im Tagebuch von Pater Raymundus Bruns. Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })