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Kultur: Das Vermächtnis

Die letzten Bilder des Malers Hubert Globisch

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Die letzten Bilder des Malers Hubert Globisch Von Götz J. Pfeiffer Mein letzter Wille ist – so beginnt manches Testament. „Letzte Bilder“ heißt die aktuelle Ausstellung im Potsdam-Museum. Sie zeigt die spätesten Werke des Potsdamer Malers Hubert Globisch. Am 3. April diesen Jahres starb er neunzigjährig. Als Nestor der Potsdamer Kunst wird er von Kennern und Kollegen nicht erst posthum gelobt. Zahlreichen Malern der Stadt war er Wegweiser. Dem 1914 Geborenen selbst hatte Egon von Kameke, ein anderer bedeutender Maler der Stadt, Pfade in der Kunst gewiesen. Den Ausstellungsort hatte sich Globisch, so Hannes Wittenberg, Hausherr des Museums, selbst ausgesucht. Bereits im Herbst letzten Jahres plante man die Schau, die eigentlich im Frühjahr eröffnen sollte. Die einzige Änderung ist die Farbigkeit der Rahmen, die Globisch selbst immer holzsichtig ließ. Dafür zeichnet Stephan Velten verantwortlich, der zu den von Globisch beeinflussten Malern gehört. Die Ausstellung eröffnete Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs nicht nur mit einem Zitat des von Globisch so geschätzten Goethe, sondern auch mit dem Wunsch, die Bilder sollten viele Besucher in das Museum locken. „Exklusive Reisebilder in märkische Heide und märkischen Sand“, aber auch „Schicksalsbilder aus der Provinz“ nannte der Kunsthistoriker Fritz Erpel die gezeigten Bilder zu Recht. Die Ausstellung der gut 35 Bilder aus den Jahren 1999 bis 2003 könnte auch „Landschaften des Hubert Globisch“ überschrieben sein, oder „Märkisches Selbstporträt ohne Selbst“. Landschaften sind es allemal, die der Maler von „Elbdeich“ bis „Zietzow“, mit den Serie „Märkische Erkundungen“ und „Neben der Buga“ eingefangen hat. Zugleich sind es Wesensbeschreibungen des Malers, der ohne eitle Attitüde das in der Umgebung Gefühlte und Gedachte in seinen Bildern wiedergegeben hat. Dabei kannten seine künstlerischen Möglichkeiten die fast abbildliche Wiedergabe wie in „Dorf in der Uckermark“ oder „Mondnacht“ mit zwei aus der holländischen Landschaftsmalerei des 17. Jahrhunderts gleichsam entlehnten Motiven, die Globisch klug anzuverwandeln wusste. Den entgegen gesetzten Pol bilden das nur mit wenig Farbe und sparsamen Strichen gegebene „Dorf in der Mark“ oder das hell leuchtende Bild eines Ausblickes „Bei Saarmund“. Hier ist das Gesehene in die Abstraktion überführt, die malerische Verwandlung ein gutes Stück an expressionistischen Werken von Feininger bis zu amerikanischen Nachkriegsvertretern geschult. Ob abbildlich oder abstrakt, den Bildern von Globisch wohnt eine Wahrheit inne, die nicht im Motiv begründet liegt, sondern in dessen künstlerischer Verwandlung. Der „Elbdeich“ gibt die Situation eines Küstenstreifens mit Wasser wieder, das sich dem Land nähert und es wegzuschwemmen trachtet. Zugleich kontrastiert das an Gischt erinnernde Meer in seinem Weiß deutlich mit den schwarzen Felsen, entwickelt sich die Dynamik des Bildes nicht aus dem eigentlich bewegten, hier aber stillen Wasser, sondern aus den geschwungenen Pinselstrichen, die das ausgehöhlte Land formen. Dieses wie alle anderen ausgestellten Bilder durchpulst ein inneres Licht, mit dem Globisch auch in den spätesten Werken all diejenigen als Blinde enttarnt, die ihm Schwarzmalerei vorwarfen. In früheren Jahren, so berichtet Andreas Hüneke in seinem einfühlsam-kenntnisreichen Beitrag im empfehlenswerten Katalogbuch zur Ausstellung, habe die gedeckte Farbigkeit dem Maler den offiziellen Tadel des „mangelnden Optimismus“ eingetragen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Bilder wie „Abendlicht“ oder „Abendnähe“ lehren das schwindende Licht als kostbar zu schätzen, gerade weil es sich neben der anbrechenden Dunkelheit behauptet. Doch das Verordnen von Optimismus ist Globischs Sache nicht gewesen. Er weiß ihn durch Erfahrung an seinen Bildern zu lehren. Nachhaltig beeindruckend ist auch, wie frisch und gegenwärtig die Bilder wirken, wie kraftvoll und keineswegs rückwärtsgewandt. Wäre die Erfahrung eines langen Malerlebens nicht zu spüren, könnte man vergessen, die Werke eines über Achtzigjährigen vor sich zu haben. Gibt es ein Leben nach dem Tod? Die ausgestellten Bilder sind zweifellos die letzten, die Hubert Globisch malte. Aber sie wirken weder abgeschlossen oder sind ein Ende, sondern lassen den Maler weiterleben. Bis 15. August im Potsdam-Museum, Benkertstr. 3. Sa-Do 10-18 Uhr. Katalogbuch zur Ausstellung: 10 Euro.

Götz J. Pfeiffer

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