zum Hauptinhalt
Immer mehr Träume und Illusionen zerplatzen, immer trauriger werden die Menschen: "Alle sechzehn Jahre im Sommer" im Hans Otto Theater.

© HL Böhme/Hot

Kurzkritik: Das wütende Tier Zynismus

Ein bitterböses Kammerhorrorstück ist John von Düffels "Alle sechzehn Jahre im Sommer", das am Freitagabend im Hans Otto Theater Premiere hatte. Regisseur Tobias Wellemeyer analysiert hier meisterhaft die Entzauberungen des Lebens.

Stand:

Zynismus ist ein durchschaubares Tier. In jungen Jahren ist sein Biss noch weich und selten schmerzhaft. Doch mit dem Alter wird er fester und schmerzhafter, schlägt er immer tiefere Wunden. Denn es ist die Desillusionierung, die das Tier Zynismus immer garstiger werden lässt. In „Alle sechzehn Jahre im Sommer“, das am Freitag im fast ausverkauften Hans Otto Theater Premiere hatte, erleben wir das Wüten dieses Tieres und welche Wunden es zu hinterlassen vermag.

Mit einer „Trilogie des veränderten Lebens“ hat Autor John von Düffel dieses Kammerhorrorstück in einer Charlottenburger WG untertitelt. Und Regisseur Tobias Wellemeyer legt kalt-analytisch die Schwächen und Entzauberungen im Leben dieser Menschen offen. In den Sommern 1974, 1990 und 2006, immer dann, wenn eine Fußballweltmeisterschaft die Menschen beherrscht, besuchen wir diese WG und erleben, wie immer mehr Träume und Illusionen zerplatzen, die Menschen immer trauriger werden.

Was als Komödie beginnt und sich dann fast schon quälend lang Zeit nimmt für das verlogene Elend Zwischenmenschlichkeit, endet in einem großen Scherbenhaufen. Und wenn da auch zum Schluss etwas Licht der Hoffnung schimmert, bleibt das nur trügerisch. Viel Applaus für diese bitterböse Entzauberungsvariationen.

Dirk Becker

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })