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Kultur: Dem Tango verpflichtet

Heute spielt der Gitarrist Quique Sinesi zusammen mit Pablo Ziegler und Walter Castro in der Schinkelhalle

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Wie angekündigt, veröffentlichen wir noch einmal den Text über den Gitarristen Quique Sinesi, der am 16. März aufgrund eines technischen Versehens mit zahlreichen Fehlern erschienen war.

Das Gespräch in der kleinen Küche in Berlin-Kreuzberg mit dem hohen Fenster zum Hinterhof dauert schon eine Stunde. Dann nimmt Quique Sinesi seine Gitarre und fängt an zu spielen. Er will zeigen, warum er sich statt für die üblichen sechs für sieben Saiten entschieden hat. Eine zusätzliche Basssaite gebe ihm mehr Gestaltungsmöglichkeiten, sagt er. Ein paar Akkorde genügen, um zu verstehen, was Quique Sinesi meint. Und dass dieses knapp zweiminütige Vorspielen mehr über Musik sagen kann, als ein einstündiges Gespräch.

Heute wird Quique Sinesi mit seiner siebensaitigen Gitarre in die Schinkelhalle auf dem Gelände der Schiffbauergasse kommen. Mit ihm zusammen werden der Pianist Pablo Ziegler und der Bandoneonspieler Walter Castro auf der Bühne sein. Und dann werden die drei Spezialisten wieder ihre so feinsinnigen wie ausschweifenden Interpretationen des Tango Nuevo hexen. Wer in den vergangenen Jahren eines der Konzerte dieses Trios im Waschhaus erleben durfte, weiß, mit welcher musikalischen Farbenpracht diese drei zu arbeiten wissen.

Quique Sinesi ist ein stiller Mensch mit bedächtigen Bewegungen, der mit leiser Stimme spricht. Und so stellt sich in diesem Gespräch auch bald die Frage, wie ein so ruhiger, in sich gekehrter Mensch wie quisque Sinnes mit fast schon meditativer Ausstrahlung ausgerechnet zum pulsierenden und in seinem Ausdruck so herausfordernden Tango kam. Quique Sinesi zuckt mit den Schultern. Er konnte gar nicht anders.

In Argentinien geboren, ist Quique Sinesi mit der Musik aufgewachsen. Folklore und Tango, das war die Musik, die seine Eltern hörten. Im Alter von acht Jahren griff er zum ersten Mal zur Gitarre. Jemand zeigte ihm ein paar Grundakkorde, den Rest hat sich Quique Sinesi selbst beigebracht. „Damals gab es keine Schule oder gar später die Möglichkeit, die Gitarre an der Universität zu studieren“, sagt er.

Auch auf den Straßen hörte Quique Sinesi den Tango, im Radio Klassik und Jazz. Hier hat ihn vor allem der Gitarrist Ralph Towner geprägt. All das, was er hier an Musik hörte, wollte Quique Sinesi in sein Spiel einfließen lassen. Damals hat er damit begonnen, die Folklore seiner Heimat, die Improvisationen des Jazz und das Grenzenlose der Weltmusik in einer ganz eigenen Musik zu verbinden. Dieses ständige Grenzenüberschreiten ist vielleicht auch ein Grund, dass Quique Sinesi auf zwei Kontinenten zu Hause ist.

Sechs Monate im Jahr lebt Quique Sinesi in Buenos Aires, lässt er sich durch die Musikszene seiner Heimatstadt treiben, um neue Einflüsse zu sammeln. In Berlin, seiner Wahlheimat, lebt er die anderen sechs Monate, wenn er gerade mal nicht auf Tour ist. „Berlin ist einer der besten Plätze, an dem man leben kann.“ Hier passiere viel, vor allem auch musikalisch. Was Quique Sinesi in Buenos Aires und Berlin erlebt, saugt er bis heute förmlich in sich auf. Irgendwann bricht es dann wieder aus ihm heraus, in Form neuer Lieder.

Beim Konzert am Donnerstag werden neben den bekannten Kompositionen von Astor Piazzolla, dem Grand Seigneur des Tango Nuevo, auch Stücke von Pablo Ziegler und Quique Sinesi zu hören sein. „Das ist das Neue an unserem Programm, dass wir jetzt mehr Eigenkompositionen spielen.“ Was aber nicht bedeute, dass sie sich als Musiker von Piazzolla emanzipieren müssen. In dessen Schatten fühlen sich Ziegler, Sinesi und Castro bis heute sehr wohl. Jahrelang hat Pablo Ziegler mit Astor Piazzolla gespielt. Bei einem dieser Konzerte lernten sich die beiden kennen. Sinesi tourte damals mit dem Bandoneonspieler und Komponisten Dino Saluzzi, den er als einen weiteren, sehr wichtigen Einfluss bezeichnet. Bei ihrem ersten Treffen beschlossen die beiden, zusammen Musik zu machen. Es hat dann noch zehn Jahre gedauert, bis sie endlich zueinander fanden. Bandoneonspieler Walter Castro, anfangs nur Gast, wurde bald festes Mitglied. Drei zurückhaltende Männer. Doch zusammen mit ihren Instrumenten neigen sie zu Ausschweifungen, von denen man kaum genug bekommen kann. Dirk Becker

Dirk Becker

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