Kultur: Den ganz eigenen Hamlet probieren
Das Integrationstheater Teufelssee um Regisseur Axel Tröger wagt sich an Shakespeare
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„Hamlet“, Shakespeares Tragödie um den dänischen Prinzen, gehört zur Pflichtlektüre im Schulunterricht. Unzählige Theater- sowie insgesamt 20 Kinoproduktionen haben sich des Stoffes angenommen. Schauspieler wie Richard Burton, Anthony Hopkins, Mel Gibson oder Kate Winslet spielten darin auf. Dennoch: Getreu dem Shakespeareschen Motto „Sein oder Nichtsein“ glaubt der Potsdamer Regisseur Axel Tröger, dem Stoff mit seinen Schauspielern des Integrationstheaters Teufelssee jetzt eine ganz neue Note entlockt zu haben.
„Wir treten nicht in Konkurrenz zu den Filmen und Theaterproduktionen, die es bereits gibt, wir machen Shakespeare auf unsere Art und so hat es noch niemand gemacht“, sagt Tröger selbstbewusst. Was dazu gehört, wird am heutigen Dienstagabend bei der Premiere auf der Bühne im Haus der Begegnungen zu sehen sein. „Wir probieren unseren eigenen Hamlet“, einen Shakespeare mit neuem Text sagt Tröger. „Wir spielen eine ganz eigene Fassung.“
Es sei spannend gewesen, die heutige Alltagssprache auf den Sprachrhythmus von Shakespeares Werk zu transformieren. „Das hat schon bei den Proben Spaß gemacht. Wir sind gespannt, wie das Publikum reagiert.“ Wochenlang haben er und seine neun Schauspieler das Werk eingeübt. Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung sowie gesunde Menschen wirken daran mit – das ist Konzept des Integrationstheaters. Der 49-jährige Tröger leidet selbst seit Jahren an der Nervenkrankheit Multiple Sklerose.
„Wir sind eine bunte Truppe“, sagt Tröger. Das Altersspektrum der Schauspieler reicht von 17 bis 62 Jahren. Das sei ideal, um die Rollen in „Hamlet“ passend zu besetzen. Aber natürlich ist auch etwas faul im Staate Dänemark: So hat der Regisseur einige der Männerrollen kurzerhand mit Frauen besetzt, auch Hamlet selbst. Auf diese Art setzten sich die Schauspieler intensiver mit ihren Rollen auseinander und jeder – ob mit Handicap oder ohne – habe seine Aufgabe zu lösen. Da ist Tröger ganz Pädagoge.
Seit über zehn Jahren inszeniert der Potsdamer am Integrationstheater. Nach der französischen Komödie „Hase, Hase“ und dem italienischen Märchen „Die lustige Anna“ ist „Hamlet“ das dritte Theaterstück, das in den vergangenen drei Jahren von der Förderorganisation Aktion Mensch gesponsert wurde. „Bei uns steht der Schauspieler im Mittelpunkt“, sagt Tröger. Mit Bühnenbild und Kostümen werde sparsam gearbeitet. So reiche ein vergoldeter Küchenstuhl zum Königsthron. „Im Spiel werden dann die Unterschiede zwischen den Schauspielern bedeutungslos.“ Lediglich der Souffleur übernehme eine stärkere Rolle als man sie aus anderen Theatern kenne.
Im Spätsommer vergangenen Jahres sei die Entscheidung gefallen, „Hamlet“ zu inszenieren. „Andere Sachen haben nicht gezündet“, sagt Tröger. Hänsel und Gretel sowie Don Quijote fielen durch. „Etwas Besseres musste her“ – so landete man bei Shakespeare.
„Wenn man an Shakespeare herangeht, hat man ungeheuren Respekt“, sagt Tröger. Der englische Dramatiker habe „Theater satt“ geliefert. In knapp 90 Minuten zeigt das Integrationstheater nun die Essenz des Dramas um den Prinzen, der den Mord an seinem Vater rächen will und am Ende selbst daran zu Grunde geht. Vielleicht, so hofft der Regisseur, gebe man mit dem Stück eine Einführung in Shakespeares Welt. Für all diejenigen, die „Hamlet“ noch nicht kennen oder für die, die nicht genug davon bekommen können. Und der Rest, das kennt man auch, ist Schweigen.Tobias Reichelt
Premiere von „Hamlet“ am heutigen Dienstag im Haus der Begegnungen, Zum Teufelssee 30, und am 22. April, jeweils um 19 Uhr. Eintritt ist frei, Spenden erbeten
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