Kultur: Den Prinzen braucht es nicht
Theatergruppe Tarántula variiert in „Schweigen ist grün“ ein Märchen von Hans Christian Andersen
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Eine Prinzessin, ein Prinz, ein Schloss und eine böse Hexe – das ist der Stoff aus dem Märchen sind. Aber nicht für Ulrike Schlue. „So eine Geschichte hat schnell den Hang, kitschig zu werden“, sagt die Theaterpädagogin. Im neuen Stück „Schweigen ist grün“ der Theatergruppe Tarántula will Schlue wegkommen vom kitschigen Märchen, in dem Prinz und Prinzessin am Ende glücklich vereint in den Sonnenuntergang reiten. Den märchenhaften Zauber will sie aber erhalten. Am heutigen Freitag kommt „Schweigen ist grün“ auf der Aktionsfläche „Platte“ in Potsdam West zur Premiere.
„Wir hätten dieses Stück auch in einem grünen Wald spielen können, aber gerade das wollten wir nicht“, so Ulrike Schlue, die gemeinsam mit Jenny Bellmann die Regie führt. Sie wollten den Bruch, der zwischen dem Grün und der „Platte“ herrsche. Ein lebendiger Ort, der trotzdem einen Märchencharakter hat. „Ich habe das Gefühl, dass dieser Widerspruch perfekt zu unserem Stück passt.“
Für „Schweigen ist grün“ hat sich die Theatergruppe Tarántula den Stoff von Hans Christian Andersens „Die Wilden Schwäne“ zum Vorbild genommen, diesen gemeinsam in Improvisationsübungen umgesetzt und schließlich ein eigenes Stück daraus entworfen. In Andersens Original lebt die Prinzessin mit ihrem Vater und elf Brüdern in einem königlichen Schloss. Die neue Frau des Königs entpuppt sich als böse Hexe, die mit einem Zauberspruch alle Prinzen in Schwäne verwandelt. Der einzige Weg, sie von ihrem Fluch zu befreien besteht darin, dass die Prinzessin Brennnesseln sammelt und ihren Brüdern daraus Hemden webt. Das einzige Hindernis: Bis sie alle Hemden fertiggestellt hat, darf die Prinzessin kein Wort sprechen, sonst sterben ihre Brüder. Der König eines fremden Landes verliebt sich in die stumme Prinzessin und bringt sie auf sein Schloss. Als sie dort beim Sammeln der Brennnesseln mit einer Gruppe Hexen gesehen wird, fällt auch auf die Prinzessin der Verdacht eine Hexe zu sein. Einzig ihre Brüder, immer noch in der Gestalt von Schwänen, können sie vor dem Tod auf dem Scheiterhaufen retten und werden durch die fertigen Hemden wieder zu Menschen. Die Prinzessin heiratet den König und lebt wie im Märchen üblich, glücklich bis an das Ende ihrer Tage.
„Auch ohne Prinz funktioniert die Geschichte“, sagt Ulrike Schlue. In „Schweigen ist grün“ ist die Rolle des Prinzen gestrichen, dafür wurden mit Irrlichtern, Krähen und Lamien – dämonische, vampirähnliche Bestien –, ein andere hinzugefügt. So blieb nur die Grundidee von Andersens Märchenstoff – ob die heldenhafte Schwester es schafft, ihre Brüder zu retten – erhalten. „Meine Aufgabe war es nur noch, die Ideen der Schauspieler zusammenzubringen und daraus ein einheitliches Bild zu gestalten.“
Ulrike Schlue muss nun die Tücken bewältigen, die ein Stück, das unter freiem Himmel stattfindet, im Gegensatz zu einer Inszenierung auf der Bühne hat. Die Präsenz der Schauspieler sei dabei die größte Herausforderung, denn ohne einen Rückzugsraum hinter der Bühne seien sie ständig zu sehen und müssen jeden Moment vollständig in ihrer Rolle sein. Außerdem verzichtet sie auf eine aufwendige Technik. „Dadurch bleibt das Stück pur“, so Ulrike Schlue. Ihr Ziel sei schließlich ebenso schlicht gewesen: Ein dramatisches und lustiges Theaterstück zu entwerfen. Eine Geschichte zwar ohne Prinzen, aber doch mit märchenhaftem Zauber. Chantal Willers
Premiere von „Schweigen ist grün“ am heutigen Freitag, 20 Uhr, auf der „Platte“, Haeckel-/Knobelsdorffstraße. Wieder am morgigen Samstag, 20 Uhr, und am Sonntag, 18.30 Uhr.
Chantal Willers
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