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Kultur: Den Teufel freut“s

Die „arche“ gibt sich mit Andreas Jung eifrig

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Viel war über den Referenten des Abends nicht zu erfahren, außer, dass er vom Protestantismus konvertierter Katholik, Heilpraktiker und Vater einer Tochter ist. An seiner Aussprache konnte man deutlich die süddeutsche, wahrscheinlich schwäbische Herkunft ableiten– und dass es im Schwäbischen schon seit alters her Eiferer gab, lässt Andreas Jung in eine gewisse Tradition einordnen.

Er war gekommen, um in der „arche“ über „Familienschuld und Heilung“ zu sprechen. Sollte man sich unter dem Thema etwas vorgestellt haben, was mit Psychoanalyse zusammenhing oder mit Karma, wurde man nicht enttäuscht. Schon das handgemalte Plakat bildete eine Familie ab, der Vater mit Glatze, Brille und Vollbart, die Mutter mit einem altmodischen Hütchen über dem wallenden Haar und der mutmaßliche, erwachsene Sohn mit spitzbübischem Gesicht über geschlossenem Mantelkragen in eine Ferne schauend, aus der wahrscheinlich das Heil kommen möge. So liebevoll, in einem extrem altertümlich anmutenden Stil, sind alle Referate des wöchentlichen Zirkels illustriert, und eine gewisse rückwärts gewandte Einstellung ist hier zu erkennen.

Besonders eifrig ging es in dem Vortrag von Andreas Jung zu, ein Name, den man sich wahrscheinlich nicht merken muss. Er wetterte, alle Wetter! Gegen die amerikanische Verfassung, die das Glücksstreben des Einzelnen zu einem ihrer Grundpfeiler machte und doch aus Sklavenhalterhand stammt, gegen Sigmund Freud und die Psychoanalyse, der auf Basis des Darwinismus die Schuld auf die Eltern abwälzbar und das Bewusstsein zum Maßstab aller Erkenntnis machte.

Diese Gottlosigkeit gefällt dem Referenten mitnichten, Freuds Welt sei seelenlos und habe zur modernen „Hauptlüge“ geführt. Die laute, dass es keine Wahrheit gebe. Das wiederum, so wütete Jung weiter, führte zur Verbindung von Psychoanalyse und Marxismus, zum aktuellen Hauptfeind vieler Reaktionärer: den 68ern. Diese Generation habe die Familie zum Sündenbock gemacht und sie abschaffen wollen, ließe aber anstelle der versprochenen freien Individuen nur verquälte Geister heranwachsen. „Nach Ansicht der 68er muss man den alten Menschen zerstören und einen neuen anziehen, der von der Stange der 68er Massenkonfektion geliefert wird“. Selbst diese schöne Metapher konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass bisher noch nichts zur Familienschuld und Heilung gesprochen worden war, und dazu sollte der Redner nach einer Stunde, in der er sich gegen alle Richtungen, auch gegen C.G. Jung und die modernen Varianten der östlichen Religionen sowie lutherische, charismatische Strömungen ausgelassen hatte, doch noch kommen.

Es freue „den Teufel ungemein“, dass man heutzutage glaube, das pralle Leben genießen zu können. Die Sünde sei, wie es die „Dogmen der Heiligen Kirche“ beschrieben, aber immer da. Erbsünde nämlich. Unsere Schuld würden wir nicht los, denn wir haben unseren Schöpfer beleidigt, indem wir gesündigt haben. Wir könnten nicht viel tun außer zu beten, die Dogmen der Kirche beachten, die Sünden beichten und von dem Erlöser Gnade erbitten. Und lesen. Gute Literatur, zum Beispiel „Philotea“ von Franz von Sales. Visionen helfen bei der Suche nach Erleichterung nur beschränkt, so Jung, und diese Aussage war die einzige, die ihn in der Diskussion ein wenig in Bedrängnis brachte.

Zwar bezeugte der Redner der „Unbefleckten Empfängnis der lieben Jungfrau von Lourdes“ seine Ehrerbietung, aber vor den „Visionen von Lieschen Müller und Franz Schmidt“, von Laien also, solle man sich in Acht nehmen. Auf die Visionen aber wollten einige der Anwesenden ebenso wenig verzichten wie auf die Aussicht, auch im hiesigen Leben ein bisschen Glückseligkeit zu verspüren. Wenigstens manchmal. Dafür kann man nur beten.

Nächste arche-Veranstaltung: 3. April, 19.30 Uhr

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