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Blockflöte und Glockenspiel. Das Berliner Duo Sorry Gilberto.

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Kultur: Den Ton getroffen

Sorry Gilberto im nachtboulevard des HOT

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Honiggelbes Kleid vor leuchtend rotem Vorhang, um den Hals ein Glockenspiel. Ein unglaublich dichter Pony, hinter dem sich ein schmales, mädchenhaftes Gesicht verbirgt. Anne von Keller, weiblicher Part des Duos Sorry Gilberto und ihr männlicher Gegenspieler Jakob Dobers, boten am Samstag in der Reihe nachtboulevard des Hans Otto Theaters einen Auszug aus ihren musikalischen Miniaturen.

Das Duo, das ursprünglich einmal aus vier Musikern bestand, kennt sich vom „Malzusammengewesensein“. Die musikalische Verbundenheit, beeinflusst durch Musiker wie Belle & Sebastian, Serge Gainsbourg oder Leonard Cohen, scheint ein längeres Haltbarkeitsdatum als die Beziehung zu haben, denn immerhin gibt es Sorry Gilberto bereits seit 2006. Seitdem ist mit „Memory Oh“ ein Album entstanden, auf dem die beiden Berliner mit Gitarre, Bass, Ukulele, Minicasio oder gar Blockflöte einen Sound erzeugen, der – ein Mix aus Pop, Indie und Folk – etwas sehr Verträumt-Verspieltes hat und ein wenig an Kinderzimmermusik erinnert. Sie selbst bezeichnen ihre Musik als Shortmovies und treffen damit genau ins Schwarze, denn, herrlich unkonventionell und unverstellt, ohne großes Getöse, singen die beiden von den kleinen Momenten des Alltags, von Begegnungen, Beziehungen und Bewegungen.

Das kleine nachtboulevard-Publikum ziehen sie damit sofort in ihren Bann. Nicht nur ihre Songs, auch alles andere an diesem Abend wirkt sehr fragil. Diese kleine Bühne in einem viel zu großen Raum und die beiden Hauptdarsteller, die eigentlich den Eindruck machen, als wäre Mittelpunktsgehabe so gar nicht ihr Ding und die trotzdem für eine knappe Stunde ihr Innerstes nach außen kehren. Die irritierende Stille zwischen den Liedpausen, die nur durch das Knarren der Bühnenbretter durchbrochen wird, wenn Anne oder Jakob ihre Instrumente wechseln, und die der Situation ganz unfreiwillig etwas von Improtheater gibt.

Die beiden scheinen das zu spüren, denn sie nutzen die seltsame Stimmung, um zwei neue Lieder zu spielen, für die es bisher noch keine Zuhörer gab, sozusagen als Generalprobe. Da macht es auch nichts, wenn der Bass ein bisschen schief klingt oder der Einsatz nicht klappt.

Die Zuhörer, selbst ein wenig verunsichert von der schrägen Eigendynamik des Abends, lächeln und lassen sich mitnehmen von der Melancholie, getragen von zwei Stimmen, die im Duett genau den Ton treffen, der einem direkt ins Herz geht. Andrea Schneider

Andrea Schneider

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