Kultur: Den Wandel pflegen
13 Konzertreihen in zehn Monaten und vieles mehr – die Nikolaisaalsaison 2012/13
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An Selbstbewusstsein mangelt es ihm nicht, trotz seiner 13 Jahre. „Eine Geschichte des Jazz für Jung und Alt in acht Kapiteln mit Musik von Duke Ellington, Herbie Hancock, Lennie Tristano, Dave Brubeck, Joe Chambers u.v.a.“, verspricht Moses Yoofee Vester für sein Konzert am 24. März im Foyer des Nikolaisaals. Nun könnte man einwenden, dass hinter diesem Siebenmeilenstiefelprogramm durch den Jazz nur ein kluger Stratege steckt, der das musikalische Wunderkind entsprechend vermarkten will. Wenn da nicht stehen würde: „Idee, Konzeption, Moderation und Jazzpiano: Moses Yoofee Vester“.
In der neuen Reihe „Geniale Musiker, ganz familiär“ ist Moses Yoofee Vester in der kommenden Saison im Nikolaisaal zu erleben. Ein 13-jähriger Pianist, der Jungstudent an der Berliner Musikhochschule Hanns Eisler studiert, das ist schon ungewöhnlich. Was aber am meisten überrascht, ist die Tatsache, dass mit Moses Yoofee Vester ein Potsdamer Künstler im renommierten Konzerthaus der Stadt auftreten wird. Dann ist da noch der Auftritt der Gambistin Hille Perl am 22. Dezember mit ihrem Ensemble Sirius Viols, zu dem die Potsdamer Gambistin Juliane Laake gehört, die im vergangenen Jahr mit ihrem Soloalbum „Marin Marais. Pièces de Viole oubliées & changées“ einmal mehr ihre Klasse unter Beweis gestellt hat und nun endlich auch einmal in dieser Stadt zu erleben ist. Und dann ist da noch, quasi das Hausorchester des Nikolaisaals, die Kammerakademie. Mehr Potsdam also, das lässt sich schon nach dem ersten Blättern durch das neue Programmheft sagen, das am gestrigen Donnerstag im Rahmen der Präsentation der Saison 2012-13 im Foyer des Nikolaisaals vorgestellt wurde.
Insgesamt 13 Konzertreihen mit einem zehn Monate umfassenden Programm bietet das Team der Musikfestspiele Sanssouci und Nikolaisaal Potsdam GmbH um deren Geschäftsführerin Andrea Palent. Bekannte Reihen wie „Sinfoniekonzerte“ und „Klassik am Sonntag“ bieten bekannte Solisten wie den Pianisten Martin Helmchen und den Flötisten Emmanuel Pahud. In der Reihe „Stars international“ wird die Cellistin Natalia Gutman mit einem Bachsoloprogramm, der Countertenor Bejun Mehta mit Arien von Mozart und Hasse, Gluck und Traetta zusammen mit der Akademie für Alte Musik Berlin zu erleben sein. Neu ist neben der Reihe „Geniale Musiker, ganz familiär“ das Crossoverprojekt „Aufgemischt“, das in Zusammenarbeit mit dem Radialsystem in Berlin entstand. Hier zeigt sich am deutlichsten, was Andrea Palent im Vorwort mit der Nikolaisaal-Devise „Die einzige Konstante ist der Wandel“ meint.
Neu trifft auf Alt, kann man das Konzept von „Aufgemischt“ umschreiben, was in dem experimentierfreudigen Programmen des Nikolaisaals schon seit Jahren eine Devise ist. Aber in dieser Form, wenn beispielsweise das Ensemble Olivinn um die Pianistin Sinem Altan auf die DJane Ipek oder die Barockgeigerin Nadja Zwiener auf den elektronischen Klangspezialisten Johannes Malfatti trifft, hat das dann doch eine neue Qualität. Weil hier zwei scheinbar gegensätzliche musikalische Welten aufeinander treffen. Doch wie reizvoll und ungewöhnlich diese Verbindungen sein können, zeigt die erfolgreiche Konzertreihe „Barock Lounge“ im Radialsystem. Und hier passiert, was sich so viele Veranstalter klassischer Konzerte wünschen. Junge Menschen, die bisher kaum oder wenig Zugang hatten, entdecken den Kosmos der klassischen Musik.
Insgesamt 101 736 Besucher konnten im Jahr 2011 im Nikolaisaal gezählt werden, was einer Auslastung von über 96 Prozent entspricht. Eine Zahl, die jedem Veranstalter das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Doch trotz dieser Bilanz, im vergangenen Jahr hat der Nikolaisaal 1000 Euro Minus machen müssen. Noch in diesem Jahr beginnen die Verhandlungen mit der Stadt über neue dreijährige Zuwendungsverträge. Hier wird sich zeigen, wie sehr die Stadt die Arbeit und Leistungen vom Nikolaisaalteam wirklich schätzt.
www.nikolaisaal.de
Dirk Becker
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