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Kultur: Den Winterblues vertrieben
Stefano Maffizzonis und Valter Faveros Kammerkonzert in der Französischen Kirche
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Was gegen den vielzitierten und gerade wieder erwachten Winterblues hilft? Auf jeden Fall ein Stimmungshoch, das klangfreundlich und sonnengleich die Seele zu erfreuen vermag. Vielleicht aus südländischen Regionen? Für den Start ihrer erstmaligen Offerte der Reihe „Potsdamer Konzerte“ im Rahmen ihres Musenfestes hielten die 13. Havelländischen Musikfestspiele am Samstag in der Französischen Kirche am Bassinplatz die dazu passenden Angebote bereit. In der Akustik des ovalen Kirchenraums waren die kammermusikalischen Werke von Georges Bizet, César Franck und Giuseppe Verdi natürlich bestens aufgehoben. Ihre virtuosen, klangbrillanten, liebeslyrischen und leidenschaftsbewegten Ansprüche lösten die Italiener Stefano Maffizzoni (Querflöte) und Valter Favero (Klavier) dabei auf die raffinierteste Weise ein.
Um im Verdi-Jahr mit jubelfeierlichen Präsenten des operngigantischen Meisters mithalten zu können, mussten die beiden Musiker in die Trickkiste greifen. Zum Glück haben Verdis Zeitgenossen dessen Arienhits für diverse instrumentalsolistische Besetzungen bearbeitet und für salonmusikalischen Einsatz geeignet gemacht. Ganz in der Tradition eines Franz Liszt, der mit seinen berühmten Opernparaphrasen dem Zeitgeist bravourösen Tribut gezollt hatte. Dem Zurichter Emmanuele Krakamp ist die „Fantasia sulla Traviata“ zu verdanken, einem gewissen Paul-Agricole Genin die „Fantasia sul Rigoletto“. Gleich einer Schnitzeljagd sind hier wie dort markante Melodiemotive zu erkennen, wobei Flötist Stefano Maffizzoni virtuose Girlandengebilde bläst, die den Koloraturen aus einer geläufigen Primadonnengurgel gleichen. Absolut fehlerfrei erklingt beispielsweise Violettas „Sempre libera“, innig ihr „Parigi“-Duett mit Alfredo, der durch den Pianisten Valter Favero personifizierte Klanggestalt erhält. In der „Rigoletto“-Melange sind es Gildas „Caro nome“-Arie, ihr Duett mit dem Vater und des Herzogs berühmtes „La donna e mobile“, die beim Erkundungstrip als wichtige Wegemarkierungen dienen. Diese Leitmelodien trägt vor allem die Flöte vor: entweder original oder als raffinierte Bravourvariationen. Läufe, Skalen, Trillerketten, Flatterzunge, Solfeggien, akzentuiert geblasene Einzeltöne – alles gerät Stefano Maffizzoni ohne Fehl und Tadel aus der Lunge und von den Lippen. Die Luftsäule seines Blasrohres steht wie eine Eins, ohne jegliche Nebengeräusche. Das hört man so höchst selten!
Wenn Maffizzonis Flöte schweigt, kann Valter Favero auf dem Bechstein-Flügel mit nuancenreichem Anschlag begeistern. Leichtfingrig eilt er über die Klaviatur, tastatiert sich in den Vordergrund, um wenig später sich klanglich zurückzunehmen und den Flötentönen anzuschmiegen. Für dieses Einsseinkönnen ist die Flötensonate A-Dur von César Franck beeindruckendes Medium. Ihr duftig-impressionistischer Beginn, die sonnendurchglühte Sinnlichkeit einer sich wohlig räkelnden Musik lässt ein atmosphärisch dichtes, von lyrischer Liebeslust träumendes Stimmungsbild entstehen: der Nachmittag eines Fauns. Dazwischen erregte Zwiegespräche, sinnliches Begehren und ermattende Erfüllung, schließlich das jubilierende Lobpreisen von Amors Freuden. Sehr passend erklingt danach die Bizetsche, von François Borne bearbeitete „Fantasia sulla Carmen“ mit Habanera, Torerolied-Häppchen und finaler Todesdrohung als reizvolles Vexierspiel. Als Zugabe gibts eine schmachtende spanische Canzone. Der Winterblues ist einem vertrieben. Peter Buske
Peter Buske
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