Kultur: Der Balkon von Maria Schrader
Eröffnung der Ausstellung „Lola, Lenin, und Mein Führer: X-Filme“ im Filmmuseum
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Sie haben „Alles auf Zucker“, „Good bye, Lenin!“, „Sommer vorm Balkon“ und „Lola rennt“ produziert, sie können auf eine beachtliche Zahl angesehener, streitbarer und innovativer Filme zurückblicken, und es hat sich bewahrheitet, was sie 1994 in einer Art Manifest der neu gegründeten Firma X-Filme festhielten: „Wir glauben an den deutschen Film“. Die da glaubten, waren die Regisseure Wolfgang Becker, Dani Levy und Tom Tykwer, sowie der Filmkaufmann Stefan Arndt. Sie glaubten darüber hinaus, dass der deutsche Film nicht unbedingt eine „Beziehungskomödie mit Beziehungskomödienstars“ sein müsse und sie wollten nicht mehr nur alleine Filme machen, sondern ihre Projekte in der Gruppe diskutieren und gemeinsam die Finanzierung tragen. „Es ging nicht darum, dass wir das alleine nicht hätten machen können“, sagte Dani Levy bei der Eröffnung der Ausstellung „Lola, Lenin, und Mein Führer: X-Filme“ am Donnerstag im Filmmuseum, es ging darum, dass der deutsche Film Qualität und Erfolg haben sollte.
Und das ist der Firma gelungen, deren Gründer sich auch heute noch überhaupt nicht museal vorkommen, es aber jetzt mit der nach Düsseldorf in Potsdam zweiten Ausstellung definitiv geworden sind. Wie ein leichter Sommergruß flattern in der Schau die Filmkostüme aus dreizehn von den Kuratorinnen Ugla Gräf und Renate Schmal ausgewählten Filmen über licht bemalten Leinwänden. Insgesamt gibt es inzwischen fast 30 Produktionen, und zurzeit sind neun in Arbeit. In den Vitrinen können die Fans die rote Perücke von Franka Potente alias Lola bewundern oder die Flasche Absinth aus „Was nützt die Liebe in Gedanken“ sehen, die da liegt, als sei eben der letzte verzweifelte Schluck aus ihr genommen worden. Stolz und ebenso erfolgsorientiert wie der schlitzohrige Jaeckie Zucker (Henry Hübchen) schaut die schwarze Vier von der alles entscheidenden Billardkugel aus „Alles aus Zucker“ den Betrachter an.
Zur feierlichen Eröffnung waren, außer Tom Tykwer, denn auch alle Gründungsmitglieder da, man sah einen Film, in dem Stefan Arndt noch ganz anders aussah als heute. „Diese schreckliche Brille“, kommentierte er launig, und wunderte sich, „dass man damals diesem Typen Geld für einen Film gegeben“ habe. Arndt lebt inzwischen mit seiner Frau Manuela Stehr, einer der beiden Geschäftsführerinnen von X-Filme, in Potsdam. Und das sehr gerne, sagte das Paar wie aus einem Mund und lobte auch das wieder aufgelebte Leben im Studio Babelsberg. Herrlich sei es, dass man jetzt keinen Parkplatz mehr bekäme und endlich wieder etwas los sei auf dem Filmgelände. X-Filme hat dort gerade die Komödie „Meine schöne Bescherung“ mit Martina Gedeck und Heino Ferch gedreht. In der Postproduktion befindet sich auch „Liebesleben“ nach dem Roman von Zeruyah Shalev in der Regie von Maria Schrader. Die Schauspielerin und Regisseurin Maria Schrader hat auf die Entstehungslegende von X-Filme nachhaltigen Einfluss: Auf ihrem Balkon nämlich überlegten sich die Gründer nächtelang, wie das Kind denn heißen solle. Und da das X als Foto von oben, die Köpfe der Vierergruppe in das Zentrum gelegt und die Beine ausgestreckt, eine Hommage an die Beatles sei und eben gut aussehe, wurde er kurzerhand auserwählt. Das erzählte Wolfgang Becker, und ein bisschen nostalgisch klang es dann doch.
Auch Dani Levy erinnerte sich an Zeiten, als sie sich in der „Gruppe 23“ wie an einer „Klagemauer der deutschen Regisseure ausgeweint“ hätten darüber, „wie schlecht es uns geht“. Solch Seelentrost benötigen diese Filmemacher und -produzenten heute wohl nicht mehr, obwohl, wie Manuela Stehr sagte, auch jetzt nicht immer klar sei, dass ein Film finanziert werde. „Good bye Lenin“ und „Alles auf Zucker“ konnten erst nach jahrelangem Kampf um die Gelder produziert werden, und auch heute noch wolle zum Beispiel die Filmförderungsanstalt nur wenig von X-Filme wissen. Sicher wird sich auch das bald ändern - und die Fortsetzung kann man dann wohl auch im Museum sehen.
Lore Bardens
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