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Kultur: Der berühmte Schnitt

Eine höchst vergnügliche Lesung zu „Des Königs Friedrich II. Entfernung von allen Frauenzimmern“

Stand:

Wen in diesem Jubiläumsjahr zum 300. Geburtstag Friedrich II. vor allem die Frage umtreibt, wie es der Preußenkönig denn nun hielt mit den körperlichen Lüsten. Ob nun dem Weibe, dem Manne oder nix von beiden seine Präferenzen galten, der braucht sich ob seines Interesses nicht zu genieren. Auch wenn er glaubt, das alles könnte zu sehr nach Boulevard riechen. Schon Friedrichs Zeitgenossen hat selbiges Thema derart beschäftigt, dass so manch interessante Schrift verfasst wurde. Einen kleinen, aber in seiner herrliche Auswahl kaum zu übertreffenden Einblick in dieses Konvolut unterschiedlichster Meinungen gaben Sabine Scholze und Hans-Jochen Röhrig am Sonntag im Hans Otto Theater mit der Lesung „Des Königs Friedrich II. Entfernung von allen Frauenzimmern“.

„Das Privatleben des großen Königs im Widerstreit zeitgenössischer Meinungen“ war die Auswahl aus Originalquellen des 18. Jahrhunderts unterschrieben. Wobei „Privatleben“ bei einem Monarchen des 18. Jahrhunderts dann doch etwas deplatziert wirkte. Denn auch wenn manches im Verborgenen geschehen ist, Privatheit gab es für den König nicht. Trotzdem aber bis heute die Frage nach des Monarchen Verhältnis zur Fleischeslust.

Um es vorwegzunehmen: Eine Antwort lieferten auch Sabine Scholze und Hans-Jochen Röhrig nicht. Und ganz ehrlich: Wen interessiert das denn wirklich wenn der Widerstreit um das Dafür oder Dagegen so herrliche Schriftblüten trägt?

Gedichte von Gotthold Ephraim Lessing durchzogen das Programm. Der fein ironische Ton des dezenten Spötters gab die Grundierung, dass hier alles mit dem entsprechenden Augenzwinkern zu verstehen ist. Die ausführliche Charakterisierung Friedrichs durch den Theologen Anton Friedrich Büschig, der sich dafür aussprach, dass der König sich die sinnlichen Vergnügen durch „den Umgang mit Mannspersonen“ verschaffte. Die Aussagen des Ritters A. von Zimmermann, der behauptete, dass Friedrich sehr wohl den Frauenzimmern zugetan war, ihn aber ein chirurgischer Eingriff an heikler Stelle, „der berühmte Schnitt“, ein „eingebildetes Eunuchentum“ bescherte. So ging es hin und her, höchst vergnüglich durch die Interpretationen von Sabine Scholze und Hans-Jochen Röhrig, wobei vor allem Röhrig zur Höchstform auflief und die Schriften zu kleinen Theaterstücken werden ließ. Musikalisch umrahmten Flötistin Bettina Lange und Cembalistin Rita Herzog mit ausgewählten Kompositionen von Bach und Friedrich, Quantz und Anna Amalia das Programm. Ein wunderbar dezenter und versöhnlicher Ton in diesem Widerstreit der Meinungen. Dirk Becker

Wieder am 25. März, 11 Uhr im Hans Otto Theater in der Schiffbauergasse. Der Eintritt kostet 11, ermäßigt 7,50 Euro

Dirk Becker

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