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Kultur: Der „eitle Perfektionist“

Bernhard Heisig aus dem Havelland feiert heute seinen 80. Geburtstag

Bernhard Heisig aus dem Havelland feiert heute seinen 80. Geburtstag Von Nadine Emmerich Ein Porträt von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) würde er gern malen. „Der hat ein interessantes Gesicht, da steckt schon Schicksal drin“, sagt Bernhard Heisig. „Wenn er fragt, mache ich es.“ Ans Aufhören denkt der gefeierte wie umstrittene Maler und Altmeister der Leipziger Schule noch lange nicht. Jeden Tag verbringt er von morgens bis abends in seinem Atelier im verschlafenen Strodehne im Havelland. „Ich brauche das Malen zum Leben“, sagt er. Heute feiert Heisig seinen 80. Geburtstag. Derzeit arbeitet er an einem Bild von seiner Frau Gudrun Brüne und ihm. Und an dem „Preußischen Totengruß“, das Friedrich den Großen zeigt. Und an einem Porträt des Leipziger Gewandhauskapellmeisters Herbert Blomstedt. Immer befasst sich Heisig mit mehreren Werken gleichzeitig. Nie ist ein Bild bei ihm fertig. Das macht ihn zum Schrecken für Museumsdirektoren: In Ausstellungen holte er schon Farbe und Pinsel heraus und besserte seine Werke nach. Seine Frau und ehemalige Schülerin nennt ihn scherzhaft einen „eitlen Perfektionisten“. Heisig, der zu den wichtigsten zeitgenössischen Malern und Grafikern gehört, wurde am 31. März 1925 in Breslau geboren. Seine Biografie ist schillernd: Mit 17 ging er zu Adolf Hitlers Waffen-SS, mit 46 verlieh ihm Erich Honecker den Nationalpreis, als Ostdeutscher malte er den westdeutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD). Untrennbar verbunden ist sein Name mit der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, dessen Rektor Heisig zwei Mal war. 1987 gab er dieses Amt ab, 1991 auch sein Lehramt, ein Jahr später zog er sich ins Havelland zurück. Eine Retrospektive seiner Bilder ist seit 20. März in der Ausstellung „Die Wut der Bilder“ in Leipzig zu sehen. Dort hängen Werke wie „Festung Breslau – Die Stadt und ihre Mörder“ und „Unterm Hakenkreuz“. Heisig malt figürlich und farbintensiv. Seine großen Themen sind der Krieg und die eigenen Kriegserlebnisse. Noch heute richtet sich seine Wut dagegen. Und das ist gut so, denn er braucht sie zum Arbeiten. „Ich kann keine friedlichen und fröhlichen Bilder malen“, sagt Heisig, für den Malerei „kein Raumschmuck“ ist. Im Atelier hinter seinem Wohnhaus hängt ein Stahlhelm, den er in einem Dorfteich gefunden hat. In der Ecke stehen zwei historische französische Gewehre. „Das sind meine Requisiten“, sagt der Schlachtenmaler. Die braucht er für seine Bilder. Viel reden will er über seine Werke aber eigentlich nicht. „Bilder kann man nicht erklären“, sagt er. Auch über künftige Ideen, die ihm eher spontan kommen, spricht er nicht gern – „dann mache ich es nicht mehr“. Obwohl er selbst betont, er sei inzwischen ruhiger geworden – ein wenig brummig wirkt der Mann, den eine Zeitung mal den „Dorf-Goya“ nannte, schon. „Ich arbeite an meinem Ruf, ein unerträglicher Mensch zu sein“, sagt er. Er wolle nicht ständig angerufen werden. Zudem sei er ein alter Mann: „Da werde ich doch mal brummeln dürfen.“ Feiern wird Heisig, der seit einem Sturz vor zwei Jahren und einer Beckenoperation noch im Rollstuhl sitzt, seinen Geburtstag im Museum der Bildenden Künste in Leipzig. Freuen tut er sich darauf aber nicht – zu viel Rummel. Natalie Emmerich

Nadine Emmerich

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