zum Hauptinhalt

Kultur: Der Holzschnitt als Unikat

Uta Zaumseil im Kunstkontor

Stand:

Es ist ein holpriger Weg, der am malerischen Ufer des Jungfernsees zum „Kunstkontor“ führt. Aber wenn man ihn einmal genommen hat, eröffnet sich vor der Remise des letzten Hauses ein Garten mit italienischem Ambiente und innen ein reizvoller Kunstblick. Ihre zweite Ausstellung hat die Kunsthistorikerin Friederike Sehmsdorf Uta Zaumseil gewidmet.

Die 1962 in Greiz geborene Künstlerin bedient sich in ihren breitformatigen, an das Cinemascope der frühen Leinwand erinnernden Arbeiten einer Technik, die ihresgleichen sucht. Meist fertigt sie Holzschnitte, die aber ganz und gar nichts von dem groben Schnitzwerk der Expressionisten erkennen lässt. Üblicherweise verwendete man den Holzschnitt, um viele Drucke machen zu können. Das ist bei Uta Zaumseil anders, sie bietet fast ausschließlich Unikate, die dadurch, dass sie mit den Füßen druckt, eine ganz eigene, tiefgründige und zärtliche Farbigkeit erhalten.

Ihre Motive zeigen idyllische Momente, oft spielt die Natur eine große Rolle, aber auch Menschen, die sie in die Wälder, auf die Seen oder in die Landschaft mit einer so genannten „verlorenen Platte“ montiert. Da liegt bäuchlings ein Junge auf einem Gummireifen im See, die Sonne glänzt, als seien es Seifenblasen, auf den Wellen. Der Jugendliche dreht den Kopf und schaut ziemlich schräg am Betrachter vorbei. Dreht sich dieser um, sieht er ein ebenso großformatiges Bild dreier Mädchen in hellen Bikinis, die auch auf einem breiten Reifen sitzen und verschämt ihre Köpfe nach unten halten. Unvermittelt befindet sich der Betrachter in der flimmernden Spannung einer scheuen Kontaktaufnahme. Er steht dazwischen, aber er stört nicht, denn die Jugendlichen sind ganz mit ihrer eigenen Welt beschäftigt und tun so, als würden sie von nichts etwas bemerken. Die Kommunikation der beiden Bilder miteinander eröffnet einen träumerischen Raum der Erinnerung an eigene ängstliche Versuche des unauffälligen jugendlichen Anbändelns, und das hat weder etwas Voyeuristisches, noch Ordinäres.

Uta Zaumseil benutzt als Protagonisten häufig ihren Sohn, aus dessen Leben sie Momente universeller Gültigkeit und Poesie gewinnt. Immer wird man in eine bekannt-unbekannte Welt entführt, die zwar oft an romantische Naturidyllen erinnert, aber durch die fast übernormale Haltung der Figuren etwas Heutiges erhalten. Wenn der Junge mit seinem Hund in „Where ist he love“ mit dem Rücken zum Betrachter die untergehende Sonne anbetet und in einer innigen Tier-Mensch-Beziehung verharrt, dann ist das eine Replik auf eine andere Arbeit, auf der massenweise kleine Gestalten einen Hügel entlang klettern, über dem der Mond ebenfalls groß scheint. „Zweihundertzweiundfünfzig Männer in Betrachtung des Mondes“ heißt dieses Breitwandformat. Schemenhaft nur sind die Gestalten erkennbar, sie gehen in der großen Natur fast unter. Schafe grasen, der bullige Hund sitzt bei seinem jungen Herrchen und über einem Stuhl ist das Kissen verrutscht: „Lagerfeuer“ zeigt einen selbstvergessenen jungen Mann, in sich versunken, den Tisch mit dem Proviant vergessend. Die Kombination der übernormalen, ganz das betrachtende Auge der Malerin vergessende Insichselbstversunkensein der Figuren mit der Natur, in die sie gebettet sind, ergibt einen sinnlichen, spannungsvollen Kontrast. Wenn der „Schatzsucher“ ein Baumhaus erklimmt, dann flimmert durch die üppige Krone das Sonnenlicht, als könne man förmlich die Strahlen in die eigene Tasche stecken.

Immer versteht sich Zaumseil darauf, Bekanntes leicht zu verfremden und mit einem Zauber aus Farbe, Licht und Tiefen ergründender Technik zu überziehen. Der holprige Weg zur Galerie Kunstkontor lohnt sich. Lore Bardens

Lore Bardens

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })