Kultur: Der König und sein „Seelenriekchen“
Eine der schönsten Liebesgeschichten am preußischen Königshof spielte sich zweifellos zwischen König Friedrich Wilhelm II. und Wilhelmine Encke ab.
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Eine der schönsten Liebesgeschichten am preußischen Königshof spielte sich zweifellos zwischen König Friedrich Wilhelm II. und Wilhelmine Encke ab. Obwohl der Neffe von Friedrich dem Großen eine Ehefrau sowie kurzzeitig zwei weitere Gemahlinnen zur linken Hand besaß, war Wilhelmine, die spätere Gräfin Lichtenau, seine lebenslange Geliebte und Vertraute. Unter dem Titel „Liebesfreud und Liebesleid am preußischen Königshof“ warf das neugegründete Ensemble „Pulsar-Klassik“ einen prägnanten Blick auf dieses innige Verhältnis.
Die 30. Folge der „Stadtgeschichte für jedermann“ im Bürgerhaus am Schlaatz präsentierte damit Zeitgeschichte einmal anders, nicht nur unterhaltsam und informativ, sondern musikalisch-szenisch bereichernd. Musik gehörte zu Friedrich Wilhelm II., der selber gerne das Cello spielte, wie Butter aufs Brot. Wenn zudem ein heutiger Cellist dem „dicken Wilhelm“, wie der König bisweilen respektlos genannt wurde, verblüffend ähnlich sieht, ist das Spiel schon halb gewonnen. Mikhail Ganevsky, Cellist im Ensemble Arpeggiato, erscheint in Physiognomie und Figur als veritabler Doppelgänger des Königs, wie die Zuschauer anhand von Bildern sehen konnten.
Die Rolle der „preußischen Pompadour“ übernahm Dorit Winterstein, eine kecke Dame reiferen Alters, die einigen Mut, aber auch Anmut und Humor zeigte. Angetan mit einem weißen Rüschenkleid deklamierte, tänzelte und spielte sie sich geschwind durch das bewegte Leben der Gräfin. Als Dreizehnjährige wurde die Tochter des Hoftrompeters vom zukünftigen König entdeckt. Er sorgte für ihre Ausbildung und gab anschließend seinem „Seelenriekchen“ ein fürstliches Gelöbnis, das er mit seinem eigenen Blut besiegelte. Selbst der gestrenge Onkel Friedrich II. konnte diese Bindung, aus der mehrere Kinder hervorgingen, nicht ignorieren. Bis zu seinem Tod blieb die erst spät geadelte Bürgerstochter offiziell anerkannte „Maitresse en titre“ des Monarchen.Trefflich ausgewählte Zitate aus dem Briefwechsel der Liebenden, Gedichte und knappe Texte zeichneten einen klaren Ausschnitt vom Leben am preußischen Hof in Potsdam und Berlin. Stimmungsvoll gestaltete Bildprojektionen von Bauwerken, Porträts und Landschaften erweiterten die Perspektive (Idee und Technik: Irina Ganevskaja).
Nicht zuletzt die von Mikhail Ganevsky und der Harfenistin Domenica Reetz gespielte Musik sorgte für eine gefühlvolle Vertiefung der unterhaltsamen Vorstellung. Originale und Bearbeitungen von Johann Sebastian Bach, Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig von Beethoven und ein „Ave Maria“ nach Charles Gounod versetzten die Zuhörer in preußisches Salonambiente. Es gab herzlichen Beifall für diese gelungene Soiree im Bürgerhaus am Schlaatz.Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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