
© Thomas
Kultur: Der König und seine Stadt
Die Friedrich-Schau im Potsdam Museum
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Am Dienstag reihte sich nun auch das Potsdam Museum in die Gratulanten-Legionen zum unausweichlichen Ereignis ein, dem 300. Geburtstag des „Alten Fritz“. Unter dem Dach der gastgebenden Urania gaben Museums-Leiterin Jutta Götzmann und ihr Kollege Thomas Sander Vorschau und Überblick über die Sonderausstellung „Friedrich und Potsdam – die Erfindung (s)einer Stadt“, die Ende August in vertrauter Nähe zum Stadtschlossbau im neuen Museumsdomizil im Alten Rathaus eröffnet wird. Knüppeldickevoll war der Vortragssaal in der Gutenbergstraße, die Einmaligkeit dieses Königs reißt viele mit sich.
Grundtenor der Vorabpräsentation war, dass kaum ein anderer Regent Europas so prägend auf eine Stadt eingewirkt habe, wie Friedrich II. auf Potsdam. Die Ausstellung in spe ist also der Stadt Potsdam gewidmet, genauer ihrer Kultur- und Architekturgeschichte unter Fridericus zwischen 1740 bis 1786. Dafür stehen im Erdgeschoss des Alten Rathauses fünf Räume mit insgesamt 500 Quadratmetern bereit, ganz schön viel Platz für einen Einzigen. Die Schau reicht von zeitgenössischen Ansichten und Betrachtungen in Wort und Bild über einen ausführlichen Architekturteil bis zu Handwerk und Gewerbe, Nachruhm und heutiger Rezeption. Alles wird, wie es einem modernen Museum frommt, reichlich mit teils seltenem Anschauungsmaterial wie Bildern, Dokumenten, Versatzstücken, Büchern, Fayencen, Mobiliar und Tapeten ausgestattet. Viele Leihgaben aus Archiven, Stiftungen und von Privat sind darunter. Was dahinter steckt, ist natürlich zehnmal interessanter.
Wenn ein Maler wie Dismar Degen noch 1735 das alte Jägertor ein wenig größer malte, als es in Wirklichkeit war, so mag das devoter Eitelkeit geschuldet sein. Auch Friedrich ließ alle seine Errungenschaften „porträtieren“ und als Zeichen seines Ruhms in ganz Europa verbreiten. Freilich war er nach den Aussagen all seiner Architekten ein schwieriger, ein knausriger Bauherr, der zudem mehr auf Repräsentation als auf Funktion achtete. Sein Schlüsselsatz „Es soll nur bey mein Leben dauern“ galt offenbar nicht nur für Sanssouci. Friedrich ließ Pracht-Fassaden errichten, hinter denen sich einfache Bürgerstuben – wie beim Palais Barberini – und Manufakturen verbargen. Er ließ ab 1770 das ganze, von seinem Vater errichtete Areal des Wilhelmplatzes völlig neu bebauen, doch zehn Jahre später war es mit dem Augenprunk vorbei: Abriss! Ihm war der äußere Eindruck seiner überwiegend in italienischen Büchern gefundenen Bauideen wichtiger als das Wohl seiner Bürger, so Sander. „Er benutzte diese Standardwerke, wie man heute in Katalogen blättert!“ Müßig die Frage, ob er sich an die architektonischen Standards seiner Zeit hielt, er war der Bauherr, der seinen Untertanen Häuser schenkte! Sogenannte „Bürgerpaläste“ gab es in Potsdam nicht: „Kein Bürger hat je hier einen Palast gebaut, höchstens Fürsten“, so Sander.
Diente die ganze „Verschönerung der Stadt“, der Abriss ganzer Quartiere, die von seinem Vater zwar langweiliger, dafür aber wohnlicher konzipiert waren, der Eitelkeit eines Königs, der durch Potsdam reiten wollte, als befände er sich in Florenz, oder Rom? Vielleicht war Friedrich in dieser Hinsicht eher ein Narziss auf dem Thron? Die Ausstellung könnte es zeigen. Gerold Paul
Gerold Paul
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