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Kultur: Der Kreuzweg aus dem Geist der Musik Passionsmusik in der Sternkirche

Eine Kirche ist viel mehr als ein Raum, in dem man eine Predigt anhört“, schrieb Albert Schweitzer (1875-1965) in seinen Elsässer Jugenderinnerungen. Als Ort der Andacht sollte schon ihre Architektur „das äußerliche Schauen“ in ein inneres verwandeln.

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Eine Kirche ist viel mehr als ein Raum, in dem man eine Predigt anhört“, schrieb Albert Schweitzer (1875-1965) in seinen Elsässer Jugenderinnerungen. Als Ort der Andacht sollte schon ihre Architektur „das äußerliche Schauen“ in ein inneres verwandeln. Die 1997 verbrannte und noch einmal gebaute Sternkirche könnte ihm also kaum gefallen, für den promovierten Pfarrer und „Urwalddoktor“ gehört ein Chorbau immer dazu. Wie man, vielleicht mit weniger Aufwand und etwas mehr Mühen, an diesem modernen Ort der Passionszeit gedenkt, war am Mittwoch bei der ersten musikalischen Vesper zu erleben. Zwar waren am Mittwoch nicht alle Plätze im Oktagon der Sternkirche besetzt, trotzdem sprach Pfarrer Andreas Markert von „gutem Besuch“ aus dem Neubaugebiet. Zwei Kerzen brannten, zwölf Schautafeln am Rande machten darauf aufmerksam, welche Gedanken den Nachwuchs beim „ökumenischen Jugendkreuzweg“ am 14. März durch den Norden der Stadt begleiten werden.

Die Konzeption dieser ersten Passion Andacht begrenzte das Wort auf eine kurze Lesung aus dem Matthäus-Evangelium (bis zur Ankündigung des Verrats durch Judas) und auf ein Gebet. Der Geist von Jesu Kreuzweg sollte ganz aus der Musik erstehen, wofür das „Potsdamer Hausmusikensemble Surprise““ vier Sonaten und ein modernes Extra auswählte. Georg Friedrich Händels Triosonate d-Moll in vier Sätzen zuerst, eine klassische Konstruktion für Altblockflöte (Angela Müller), Violine (Marita Grunwald) und Basso continuo mit Christian Stolte (Violoncello) und dem Organisten Heinrich Wallbrecht. Das ernste Thema dieser aparten Komposition führte sehr schlüssig in diese Vesper ein. Wohlklang, wenn Flöte und Geige es ganz unterschiedlich ausführten, spiegelten oder doppelten, alert, aber stets „höflich“ im zweiten Satz, besonders ausdrucksvoll im letzten. Ein großes, schönes Klagelied der Flöte.

Die „Variationen für Violoncello und Orgel“ über „Befiehl du deine Wege“ wurden erst vor zwei Jahren komponiert. Lothar Graap griff auf immer neue und überraschende Art nach dieser Melodie. Zuerst gibt er dem Cello das Thema, die Orgel begleitet dezent im Hintergrund, dann contrakariert er ein dunkles Timbre des Klangs mit hellen Tönen der Flöte. Georg Philipp Telemanns Sonata polska Nr. 2 a-Moll ermöglichte dem Ensemble die originale Quartett-Besetzung. Ein extrem langer Kopfsatz, bei dem man gelegentlich den Vivaldi heraushörte, stand drei kürzeren gegenüber. Elegantes Spiel der beiden Melodiestimmen, wieder die prachtvolle Begleitung an Cello und Orgel.

Wer über diesem Part den Anlass dieser Vesper vergaß, wurde durch Johannes Weyrauchs Passionssonate über „Herzliebster Jesu“ für Viola und Orgel daran erinnert. Sie enthält Elemente alter und neuer Tonkunst, lässt die Viola herzergreifend oder herb klagen, langsame Tempi, dunkle, bekümmerte Orgelbässe, ein Kunstwerk - was man beim Ausführen des letzten Teils, Antonio Vivaldis Triosonate g-Moll, nicht zwingend sagen kann. Beifall am Schluss und die Frage, obs denn nun ein Chorbau immer“ bringt. Gerold Paul

Nächsten Mittwoch spielt um 18.30 Uhr Matthias Jacob Orgelmusik zur Passionszeit in der Sternkirche, Im Schäferfeld.

Gerold Paul

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