Kultur: Der leise Klang der Erdgasleitung
Das Leipziger Duo Wooden Peak breitet in der Reithalle seine orchestralen Songs aus
Stand:
Zwei Mann sind auch ein Orchester. Geht nicht? Geht doch! Wooden Peak aus Leipzig bauen aus Gitarre, Schlagzeug, Fußorgel und allerhand Elektronik verwinkelte Klanghäuser. Keine kühlen Gebilde allerdings, auch wenn das neue Album von Jonas Wolter und Sebastian Bode „Polar“ heißt. Ihr leiser Elektro erinnert eher an sonnendurchflutete Zimmer, in denen ein wenig Staub in der Luft steht.
„Polar“, erschienen beim Leipziger Label analogsoul, ist bereits das dritte Werk der beiden, am heutigen Samstag stellen sie es in der Programmreihe „nachtboulevard“ des Hans Otto Theaters vor. Neun Stücke, mal mehr, mal weniger melancholisch – aber oft mit verspielten Titeln: „Who blinks first“ oder „Paper Scissors Stone“ deuten schon an, was die beiden Leipziger wollen. Der Spiellust folgen, frickeln und sich wie absichtslos durch ihre Songs bewegen. Die eignen sich gut, um dem Sonntagsblues nachzuhängen, ein wenig im German Weltschmerz zu schwelgen, sich ans Kaminfeuer zurückzuziehen und sich in die eigene Kindheit zurückzuträumen.
Eine Projektionsfläche für die eigenen Gedanken sind die Stücke deshalb nicht, Geschichtsfragmente treffen in ihren Texten mit Zeitungsstorys auf sich entwickelnde Utopien. Und musikalisch gehen Wolter und Bode ohnehin weit: Mit den Geräuschen aus einem freiliegenden Stück der nordeuropäischen Erdgasleitung hat es sogar ein Stück Sibirien auf „Polar“ geschafft. Auch hallende Flure oder die Aufnahmen aus der Industriebrache finden sich laut Wooden Peak in ihren Stücken – abgemischt und produziert wurde allerdings in einem Studio in Leipzig-Leutzsch.
Und so ganz sind sie auf dem dritten Album auch ihrer Zwei-Mann-Strategie untreu geworden. Erstmals haben die beiden befreundete Musiker eingeladen, die das Mini-Orchester um Posaune, Klarinette, Bass und Piano erweitern. Prägnant bleibt dabei aber immer der weiche, fast hölzerne Klang von Sebastian Bodes Schlagzeug. Es treibt die Songs an und hält sie gleichzeitig zusammen, vor allem dann, wenn Jonas Wolters Stimme sich wie Rauch in alle Richtungen auszubreiten scheint. Ariane Lemme
Wooden Peak spielen am heutigen Samstag um 21.30 Uhr in der Reithalle des Hans Otto Theaters, Schiffbauergasse, Karten kosten 8 Euro
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: