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Kultur: Der nächste Hype kommt bestimmt

Bis dahin den Sommer genießen: Mit The Kooks und We are scientists

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Lasst uns einfach genießen! Und wenn es nur für diesen Sommer ist. Kein Gerede über die Halbwertzeit von Newcomerbands, kein Verrücktmachenlassen vom Gejubel der Plattenfirmen. Einfach nur gute Musik einer coolen Band hören und nicht weiter darüber nachdenken müssen, wie lange die sich wohl auf dem Markt halten wird. Der Herbst bringt garantiert den nächsten Hype.

Am Montagabend, beim Fritz Radiokonzert, wurde genossen. Knapp 100 Auserwählte kamen in das stickige, langsam subtropische Temperaturen annehmende Foyer der Fritzstudios in Babelsberg. Mit We are scientists und The Kooks zwei Bands für je knapp eine Stunde auf der kleinen Bühne, die in diesem Sommer als die Aufsteiger schlechthin gehandelt werden. Und mit denen war das Genießen ganz einfach.

Allein schon The Kooks. Die vier Jungs aus dem englischen Brighton spielen mit einer Lässigkeit diesen rotzigen Gitarrenrock, dass man gar nicht anders kann, als sie zu mögen. Kantig ruppige Riffs und schleichender Reggae, ein polterndes Schlagzeug, gelegentlich die Akustikgitarre und dazu der arg angeraute Gesang von Luke Pritchard, der als Zwilling von Adam Green durchgehen könnte. Die gerade einmal 20-jährigen Bengels von The Kooks spielen derart abgebrüht, dass es fast schon dreist ist. Gut, irgendwie hat man das alles schon gehört und gesehen. Dieses wilde Treiben auf der Bühne, diese Heute-Abend-sind-wir-der-Nabel-der Welt-Attitüde. Und wenn Pritchard in „Eddie’s Gun“ über Erektionsproblemen klagt, ist das auch nicht besonders originell. Darüber hat Calleb Followill von den Kings of Leon schon weit besser genölt. Aber egal. Wenn The Kooks etwas können, dann diese Gefühl vermitteln, dass nur guter Rock’n’Roll kann: Ganz groß sein für einen Abend lang. Dann steht man mit ein paar Gleichgesinnten am Bühnenrand und lässt sich treiben von diesem explosiven Krach, kollabiert fast in dieser Waschküche und wünscht sich trotzdem, das möge nie enden.

Das es enden muss, ist jedem klar. Und so geht es letztendlich nur um den bestmöglichen Abgang. Den haben zuvor schon die drei Amerikaner von We are scientists geliefert. Mit „The great escape“ hatten sich die selbst ernannten Wissenschaftler mit einem Kracher verabschiedet, der einem die Beine weghaut und anschließend glücklich in den Seilen hängen lässt. Zuvor gab es eine Lehrvorführung in Sachen perfekt funktionierender Interdisziplinarität, bei der We are scientists keinen Beweis schuldig blieben. Stilübergreifend werden hier Rock, Punk, Metal, Funk und ein wenig Reggae vermischt. Scheu vor dem Experiment besteht hier überhaupt nicht. Und wenn Keith Murrays Gitarre durch die Lieder jault oder sich effektbeladen im Solo verhakt, ist das zwar simpel aber einfach wunderbar.

Nach zwei Stunden ist Schluss, der Übertragungszeit wegen. Gerade einmal eine Zugabe von The Kooks ist eingeplant. Was bleibt sind klingende Ohren, viel vergossener Schweiß und erschöpfte aber zufriedene Gesichter. Für den nächsten Wochen wird man die Debütalben der beiden Bands „With love and squalor“ und „Inside In / Inside Out“ im Gepäck haben. Da kann sich der Sommer mit seiner Hitze ruhig in die Länge ziehen. Dann kommt der Herbst und bringt was Neues. Und das werden wir wieder genießen. Dirk Becker

Dirk Becker

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