Kultur: Der See auf der Wiese
Potsdamer Kunstschule wieder in Siethen / Wasser war diesmal das Thema
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Bei künstlerischen Projekten mit Jugendlichen steht man stets vor der Frage, in welchen Proporz Ergebnis und „sozial-pädagogischer Effekt“ zu setzen sei. Die Potsdamer Kunstschule und das Jugendheim „Heinrich Zille“ hatten zum Open-Air-Termin geladen, um ihr sechstes Gemeinschaftsunternehmen vorzustellen.
Im Rahmen des Kulturland-Themas „Fokus Wasser“ arbeiteten und lebten 28 junge Leute aus dänischen und polnischen Kunstschulen eine Woche lang unter den Baumriesen des Siethener Schlossparks in Zelten zusammen, um gemeinsam eine „Welle“ herzustellen – ihre Vorstellung von dem, was Wasser für sie „bedeutet“. Für die meisten der 10- bis 16-Jährigen ist es, wie Projektleiterin Thea Moritz erklärte, die geradezu einmalige Chance, den Künstler in sich zu entdecken, sonst sind ja die „Spiel-Räume“ in der Gesellschaft für diese Altersgruppe sehr eng. Der zweite Aspekt ist nicht minder wichtig: Angesichts zunehmender Verrohung und Vereinzelung, die bei Jugendlichen dramatisch zugenommen hat, schien es den Veranstaltern sinnvoll, die individeuelle Kreativität gezielt in eine Gemeinschaftsarbeit einfließen zu lassen. Deshalb legten die künstlerischen Betreuer Christa und Peter Panzner, Monika Olias, Peter Bause und Christoph Knäbich größten Wert darauf, einen „Grundklang“ herzustellen. „Einer für alle“ sozusagen. Die einzelnen Gruppen wurden dazu bewusst „internationalisiert“: "We are schpreschen viele Sprachen", so war zu hören. Der gewisse Grundklang ist ein denkbares Blau, die einigende Sprache die Kunst.
Inwieweit das Unternehmen gelungen ist, ließ sich bei der Vorbesichtigung noch nicht sagen. Man baute und werkelte noch. Echte Zelte in bunten Farben verrieten aber, wie die Jugendlichen in dieser Woche am Rande der Wiese lebten. Manche hatten Mühe, sich in die Gruppe einzufügen, künstlerischer Eifer stand dem Tagesablauf manchmal im Wege. Er beflügelte offenbar alle, das große Grün vor dem Schloss in einen lebendigen See zu verwandeln, darauf sich selbstgebaute und -gestaltete Segel tummelten. Als Zentrum ein Steinbrunnen mit Wasserkaskade, an der eine blauweiße Fahne flattert. Alles selbst erarbeitet: Die heißgeformten Röhren mit witzigen Fischen darin, allerlei Getier außen herum, aber mit spärlichem Effekt, denn das Nass darf, weil „kostbar“, nur als Rinnsal fließen. Große Flächen wurden nach geometrischen Figuren geschnitten, diverse Segel bemalt und bedruckt, Fantasia stand für die fast 90 Objekte selbst Pate. So hoch bewerten der „Nachwuchs“ den Stoff, dass man den meist abstrakten Formen Streifen aus Silber und Gold beigemischt hat. Aber die Segel sind noch nicht alles, schon beim Entree stieß man auf ein Objekt, einem zerbrochenen (Wasser-) Spiegel ähnelnd ...
Den Hut für dieses „Verbundprojekt“ hat wieder die Potsdamer Kunstschule auf, zumal sich diesmal auch junge Leute aus anderen Einrichtungen beteiligten. Sogar zwei „Einzelkämpferinnen“ aus Erfurt sind dabei. Klar, dass sich die Mädchen am Samstag dem „Grundklang“ entsprechend in Schale warfen, indes ihnen die Siethener Jungs neben ihrem eigenen Objekt beim Aufbau des Ganzen mit männlicher Höflichkeit halfen. Wer die Vernissage verpasst hat, bekommt im September noch eine zweite Chance. Als Wanderausstellung konzipiert, wird der See auf der Wiese im Pavillon auf der Potsdamer Freundschaftisnel zu sehen sein. Gerold Paul
Gerold Paul
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