Kultur: Der Spaß am Absurden
Tommy Wosch’s neues Programm im Waschhaus
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„Bestuhlt“ hatte der langjährige Radio-Fritz-Moderator Tommy Wosch mit seiner Comedy-Show vor zwei Jahren schon seine Fangemeinde begeistert; nun sollte es in der ausverkauften Waschhaus-Arena „noch bestuhlter und bepisst“ werden. Doch jene, die dahinter lediglich eine aufgemotzte Fortsetzung seiner derben Zoten und Ferkeleien vermuteten, warnte Wosch sogleich. Denn diesmal ging es um nichts weniger als um die Klärung der letzten Fragen der Menschheit.
Und schon mimte Wosch den Faust, derweil endlich ein kalauernder Pudel auf die Bühne gekrochen kam, gespielt vom ewigen Michi Balzer. Sie haben sich umgehört, wollten wissen, was die Menschen am tiefsten bewegt. Freilich – wie die vom Publikum bejubelten Video-Einspieler zeigen, sucht der baumlange Wosch ja öfters die Nähe zu seinen Mitmenschen. Einmal als Prostituierte mit Afro-Perücke, die Rentnern nachstellt und „viele Amore machen“ will, dann wieder als Bettelmönch, der sich in Fußgängerzonen mit der Knute geißelt und Passanten um Hilfe gegen seine „Sackratten“ bittet oder auch als „professioneller Poritzenbläser vom Verein Freie Kimme“ auf der Suche nach Empörung und Gefeixe allenthalben.
So unverfroren kennt man Tommy Wosch eben. Als schwungvoller Quizmaster jedoch, der von seinen Kandidaten wissen will, was denn wohl Schafe beim Einschlafen zählen oder ob Enten etwa Gummimenschen lustig finden, ist Wosch einmal mehr ein bühnentauglicher Erzähler. Ihn selbst beschäftigen mehr große knifflige Fragen, wie die nach Gott, die ein Porträt von Papa Schlumpf beantwortet, natürlich des Bartes wegen. Mögen doch die Islamisten ihre Hände vom Sprengstoffgürtel lassen, denn was sollen sie später mit 72 Jungfrauen anfangen?
Denkerposen werden dazu ausprobiert. Wo kommt der Mensch her? „Bumm“, ruft es da lakonisch aus dem Publikum, und sichtlich beeindruckt aber auch nicht ungern beendet Wosch da sein heraufziehendes Evolutionstheoriegerede. Und wie zur Ablenkung wird nun aus dem stoischen Protokollführer Balzer eine unverschämt lustlos singende Wenke Myhre und bald darauf ein nackter, am Boden liegender Riesensäugling, den zwei auf die Bühne gebetene Mütter aus dem kaukasischen Kreidekreis ziehen sollen. Denn der Sinn des Lebens liege allein darin, anderen Gutes zu tun. Da ist sich Philosoph Wosch ganz sicher. Hingegen einem schwulen Nazi Nagetiere ins Gesäß zu stopfen, habe nichts mit Altruismus zu tun. Nachdenkliches also bietet der unartige Kultmoderator seinen Gästen, etliche absurde Brocken, Weisheiten jenseits von Dieter Nuhr und Kurt Krömer, Lachergüsse, die tosenden Applaus und heitere Ratlosigkeit hinterlassen.
Und weil Tommy Wosch weiß, dass auch das Ende seiner Radiosendung „Ab 18“ zu den elementaren Themen zählt, bleibt er hier die Erklärung nicht schuldig. Er sei halt erfolgreich gewesen und habe viel Spaß gehabt, da musste es so kommen. Doch keine Spur von Groll, schließlich verrichte er nur noch jeden zweiten Tag seine Notdurft vor der Haustür der Intendantin. Nein – es gehe ihm wirklich gut. Zweifellos. Daniel Flügel
Daniel Flügel
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