Kultur: Der Strom muss kräftig fließen
Electric Lizard und The aim of design is to define space spielten im Waschhaus
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Electric Lizard und The aim of design is to define space spielten im Waschhaus Auch an schlechten Tagen wissen Electric Lizard den Strom zu legen, dass es selbst in der hintersten Ecke kräftig knistert. Dass das durchschnittliche Waschhauspublikum nur schwer zu motivieren ist und Begeisterung, wenn sie denn mal bei einem Konzert aufkommt, nur ein kurzes, oftmals klägliches Aufflackern bleibt, das kennen die drei Berliner, die fast schon regelmäßig in Potsdam spielen. Doch am Samstag gab sich die überschaubare Schar von Anwesenden besonders träge. Vielleicht aber hatte das mit dem Winterschlaf zu tun, der mittlerweile selbst ausgekochte Rockfans überkommen soll. Die Vorarbeit des Abends hatten The aim of design is to define space übernommen. Der Definitionscharakter des Namens setzte sich auch in der kurzen Bandinfo fort. Mächtig verklausuliert war hier die Rede vom „Kulturpessimismus“, von „durchschnittlicher Alltäglichkeit“ und selbst Günther Grass kam zu Ehren. So war die Überraschung groß als einem, anstatt intellektuelles Gitarrengeplänkel, dumpfer lauter Punk entgegen sprang. Nicht immer leicht verdauliche Brocken, was The aim of design is to define space da boten. Und manchmal auch reichlich platt, wenn, ganz aktuellpolitisch, „Chipfabrik, komm zurück“ gegrölt wurde. Den Rock“n“Roll im Breitwandformat lieferten dann Electric Lizard. Routiniert und gut, obwohl Sänger und Bassist Sebastian Gaebel, sonst der fröhlich-quasselnde Mittelpunkt des Geschehens, sich an diesem Abend recht wortkarg gab. Doch zum Quatschen waren sie nicht gekommen. Electric Lizard sind Festivaljunkies. Wenn die Sonne scheint und irgendwo ein Open Air ruft, dann kann man die Drei dort mit Sicherheit finden. Sie predigen den Hedonismus in verzerrt-treibender Akkordkultur. Hippiecharme, Soul, Funk und beinharter Rock, bei Electric Lizard kommt alles pas-send zusammen. Dazu Gaebels charismatischer Gesang, der im Waschhaus wegen grottenschlechter Abmischung kaum zur Geltung kam. Die Umstände waren zwar nicht günstig, doch die Drei lieferten das komplette Paket. Über eine Stunde lang wurde ausgeteilt. Jake ungebremst am Schlagzeug und Wong, ehemaliges Kotlettenwunder, mit einem Gitarrensound, bei dem einem mal wieder bewusst wurde, wie oft man bei anderen Gitarristen fälschlicherweise von einem fetten Klang sprach. Ob „The more you get the more you want“, „Sundance“ oder das geniale „Clayborne“, bei Electric Lizard sitzt jeder Titel. Da kam sogar ins zurückhaltende Publikum Bewegung und wurde tatsächlich noch nach einer Zugabe verlangt. Im vergangenen Sommer waren Electric Lizard im Studio und haben dort vierzehn Songs für ihr Debütalbum aufgenommen. Eine Aktion, die längst überfällig war, denn die mittlerweile über vier Jahre alte EP hat großen Appetit auf mehr gemacht. Wenn nun diese vierzehn kraftstrotzenden Perlen endlich als Silberling auf den Markt kommen, so viel steht jetzt schon fest, wird das ein richtig guter Tag.Dirk Becker
Dirk Becker
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