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Von Dirk Becker: Der Traum von der Künstlerstadt

Endlich ist der Katalog zur Ausstellung „100 Jahre Kunst ohne König“ erschienen

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Manche Aussagen sind so einfach wie aufschlussreich. Da wird im Katalog zur Ausstellung „Privates und öffentliches Sammeln in Potsdam. 100 Jahre Kunst ohne König“ ein anonymer Sammler gefragt, warum er sich ausgerechnet das Gemälde „Rote Bar“ von Stefan Plenkers gekauft habe. „Man hat so eine schöne verruchte Barstimmung, die die Phantasie anregt“, so die Antwort.

Es ist das Schicksal von Ausstellungskatalogen, dass sie ob ihrer Fülle und der ausführlichen wissenschaftlichen Aufsätze zu bestimmten Themen und Ausstellungsstücken oft nur einem Fachpublikum zugänglich bleiben. Den Katalog zu „Kunst ohne König“, der in dieser Woche nach längeren Querelen um dessen Finanzierung nun endlich erschienen ist, muss dieses Schicksal nicht ereilen. Auch er gibt die üblichen Einführungen und Einordnungen zum privaten und öffentlichen Sammeln in Potsdam in den vergangenen 100 Jahren. Es werden „Historische Sammler und ihre Sammlungsprofile“ und „Die Initiatoren des Städtischen Museums und des (II.) Potsdamer Kunstvereins“ vorgestellt. Doch unter dem recht trockenen Titel „Private Sammlungsprofile der Gegenwart“ finden sich Gespräche, die diesen Katalog zu etwas Besonderem werden lassen.

Insgesamt zwölf private Kunstsammler aus Potsdam, die anonym bleiben, werden hier, oft sachlich, gelegentlich auch im freundschaftlichen Ton, über ihre Leidenschaft befragt. Allein diese Interviews sind den Kauf von „Privates und öffentliches Sammeln in Potsdam. 100 Jahre Kunst ohne König“ wert, weil hier auf direkte und anschauliche Weise die Beweggründe für das private Sammeln erfahrbar und auch erlebbar werden.

Der Katalog, eine Zusammenarbeit des Potsdam-Museums und des (III.) Potsdamer Kunstvereins, unternimmt zum ersten Mal den Versuch, die Geschichte des privaten Sammelns in und um Potsdam aufzuarbeiten.

Anfang des 19. Jahrhunderts gab es mit dem Sankt-Lukas-Verein und dem ersten Potsdamer Kunstverein Künstlervereinigungen, die sich vor allem aber noch auf Ausstellungen, Vorträge und gesellige Zusammenkünfte beschränkten. Erst mit der Gründung des (II.) Potsdamer Kunstvereins im Jahr 1908 fanden sich Interessierte zusammen, die sich für die Einrichtung eines Städtischen Museums einsetzten, dessen Bestand aus den privaten Sammlungen zusammengesetzt sein sollte. Das Bedürfnis im Bürgertum nach einem öffentlichen Museum, das nicht die vorhandene Kunst der Herrscherhäuser, sondern die eigene zeigte, war auch in Potsdam stark gewachsen. Am 1. Oktober 1909 wurde der (II.) Potsdamer Kunstverein bei der Polizeidirektion angemeldet. Im Dezember fand die erste Hauptversammlung statt und innerhalb kurzer Zeit wuchs die Zahl der Mitglieder von 86 auf 300. Hier wurde er auch geboren, der Traum von der Künstlerstadt Potsdam.

Maßgebliche Initiatoren für die Gründung eines städtischen Museums, das in diesem Jahr sein 100-jähriges Jubiläum feiert, waren die Sammler Paul Heiland, Fritz Rumpf und Heinrich Basedow, die in dem Katalog mit biografischen Aufsätzen gewürdigt werden. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Potsdamer Kunstverein aufgelöst, war ein Großteil aus den Beständen des Potsdam-Museums vernichtet worden.

Insgesamt 246 Seiten umfasst der Katalog zu „Kunst ohne König“. Die zahlreichen Aufsätze und oftmals wohltuend kurzen Erläuterungen werden durch Bilder aus dem Bestand des Potsdam–Museums und dem der privaten Sammler ergänzt. Ob es sich bei diesem Katalog nun gleich um ein „Grundlagenwerk, in dem alles über das Sammeln in Potsdam steht“ handelt, wie die Kulturbeigeordnete Jana Magdowski behauptet, sei dahin gestellt. Nachvollziehbarer ist die Aussage von Andreas Hüneke, Vorsitzender des im Jahr 2002 gegründeten (III.) Potsdamer Kunstvereins, der in dem Katalog einen Anfang sieht für eine Forschung, die sich mit noch vielen offenen Fragen zum privaten Sammeln auseinandersetzen muss.

Der Katalog ist im Lukas Verlag in einer Auflage von 500 erschienen und kostet in der Ausstellung 19,80 Euro, im Buchhandel 25 Euro. Die Ausstellung im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte ist bis zum 2. August, dienstags bis freitags von 10 bis 17 Uhr, samstags, sonntags und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr zu sehen.

Dirk Becker

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