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Kultur: Der Weg in den Widerstand

Eberhard Schmidt stellt seine Biografie über Kurt von Plettenberg, einen der Attentäter des 20. Juli, in der Villa Quandt vor

Stand:

Am 10. März 1945 schlug Kurt Freiherr von Plettenberg in der Gestapo-Zentrale in Berlin einen Verhörbeamten nieder – und stürzte sich anschließend aus einem Fenster im 4. Stockwerk in den Tod. Weil er die Namen der noch unentdeckten Beteiligten am gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler auf keinen Fall unter der angedrohten Folter verraten wollte, nahm sich der Generalbevollmächtigte des vormaligen preußischen Königshauses Hohenzollern das Leben. Auch wenn Plettenbergs Engagement von offizieller Seite mehrfach gewürdigt worden ist, zählt er eher zu den weniger bekannten Personen des 20. Juli 1944.

Unter dem Titel „Kurt von Plettenberg. Im Kreis der Verschwörer um Stauffenberg. Ein Lebensweg“ hat jetzt der Bremer Politologe Eberhard Schmidt die Vita dieses Mannes nachgezeichnet und seinen Weg in den Widerstand gegen das Dritte Reich rekonstruiert. Am morgigen Sonntag, dem 70. Jahrestag des Hitler-Attentats, stellt Schmidt sein Buch in der Villa Quandt vor.

Geboren wurde Kurt von Plettenberg am 31. Januar 1891 im niedersächsischen Bückeburg – und dann standesgemäß, nach ritterlichem Ideal erzogen. Der Spross einer preußischen Adelsfamilie studierte nach dem Abitur zunächst Rechts- und Forstwissenschaften und kämpfte dann im Ersten Weltkrieg als Offizier, unter anderem beim 1. Garderegiment zu Fuß. In den 1920er-Jahren verwaltete er als Forstmeister den Gräflich Dönhoffschen Waldbesitz in Ostpreußen, ab 1934 wurde er in das Reichsforstamt übernommen.

Wie viele der späteren Widerständler hegte er anfangs durchaus Sympathien für das NS-Regime – ging aber schon bald auf Distanz, kritisierte offen die Gleichschaltungspolitik und weigerte sich vehement, in die NSDAP einzutreten. Diese Erfahrungen seien, so Schmidt, die Vorraussetzung dafür, dass Plettenberg den Weg in den Widerstand fand. So schied er 1937 freiwillig aus dem Amt und übernahm die Hofkammerverwaltung des ehemaligen Fürstenhauses Schaumburg-Lippe. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Plettenberg als Reserveoffizier beim traditionsreichen Potsdamer Infanterie-Regiment 9 rekrutiert. Dort kam er mit seinen Kameraden aus dem Ersten Weltkrieg – Carl-Hans von Hardenberg, den Brüdern Gerd und Henning von Tresckow –, aber auch mit jüngeren Gleichgesinnten wie Axel von dem Bussche und Fritz-Dietlof von der Schulenburg in Kontakt: allesamt führende Köpfe des späteren Hitler-Attentats. Dass Plettenberg, vor allem nach vertraulichen Berichten über Massenverbrechen im Osten, zunehmend von der Notwendigkeit eines Attentats auf Hitler überzeugt war, wird von Schmidt sehr gut herausgearbeitet und anhand vieler Brief- oder Tagebuchzitate belegt. Er zeigt aber auch, wie lange Plettenberg um den richtigen Weg zwischen Ehrenkodex und persönlicher Überzeugung gerungen hat.

Als der Reserveoffizier im Januar 1942 aus der Wehrmacht beurlaubt wurde, um fortan die Hohenzollernsche Vermögensverwaltung zu leiten, gehörte er bereits zum Kreis der Verschwörer, die sich regelmäßig auf Schloss Neuhardenberg trafen. Dort planten sie in den beiden darauffolgenden Jahren die „Operation Walküre“, das Attentat auf Hitler. Obwohl er – um die Mitglieder des Hauses Hohenzollern nicht zu gefährden – nicht aktiv in die Ausführung miteingebunden wurde, wie Schmidt schreibt, galt Plettenberg aufgrund seiner zahlreichen Kontakte bis in die Ministerien hinein als wichtiger Vermittler und Berater der Mitverschworenen. Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 konnte Plettenberg der einsetzenden Verhaftungswelle zunächst entgehen. Wenige Wochen vor Kriegsende jedoch wurde er denunziert und am 3. März 1945 auf seinem Dienstsitz, Schloss Cecilienhof, von der Gestapo verhaftet. Gut zwei Wochen später wurde er auf dem Bornstedter Friedhof beigesetzt.

In seinem sehr gut geschriebenen und detailreichen Buch und auf der Grundlage von unter anderem bisher unveröffentlichten Unterlagen aus dem Familienarchiv schildert Eberhard Schmidt nicht nur den Lebensweg eines Hitlergegners. Zugleich zeichnet er das Porträt eines Menschen, der von allen, die ihn kannten, für seinen Sachverstand und seine Zuverlässigkeit geschätzt und für sein stets heiteres Naturell geliebt wurde. Daniel Flügel

An diesem Sonntag um 11 Uhr stellt Eberhard Schmidt seine Biografie über Kurt von Plettenberg in der Villa Quandt, Große Weinmeisterstraße 46/47, vor. Der Eintritt ist frei.

Daniel Flügel

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