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Kultur: Des Königs Entfernung von den Frauenzimmern Friedrich II. und die griechische Liebe

War Friedrich II. nun ein Uranist oder war er es nicht?

Stand:

War Friedrich II. nun ein Uranist oder war er es nicht? Schon zu seinen Lebzeiten stritt man sich darüber, zumal der Sittenverfall in Sachen „griechischer Liebe“ nach Art des Sokrates mit dem Alkibiades in Potsdam und Berlin unter seiner Regentschaft keinem Beobachter entging, nicht einmal Lessing. Jenseits seines Lust-Schlosses „Ohnesorge“, im Krongut Bornstedt, beschäftigten sich am Sonntagnachmittag die HOT-Schauspieler Gertraud Kreißig und Hans-Jochen Röhrig bei erwartungsgemäß gehobenem Publikumsinteresse mit dem Privatleben dieses seltsamen Königs. Röhrig hatte schnurrige Quellen der widerstreitigen Art zusammengetragen, allesamt erst nach dem Tod dieses Alten Fritzen veröffentlicht: Die Charakterzeichnung „des zweyten Königs von Preußen“ aus der Feder Büschings, des Ritters von Zimmermann Fragmente zur Geschichte seines Lebens, Briefe einiger Officiers, die es wissen mussten, Kunzes berühmte Anekdotensammlung, letztlich die Nota eines Neuruppiner Feldpredigers, welcher der weitschallenden Fama eine empörte Apologie entgegensetzte: „Griechische Liebe“ treffe man in „südlichen Städten“ wie Neapel oder Rom häufig an, aber doch nicht in Potsdam und Berlin! Andere wussten es wohl besser. Anton Friedrich Büsching schildert eingangs Friedrichs allgemeine Gewohnheiten, seinen „heftigem“ Appetit bei Tische, wobei das Tafeltuch an seinem Platz wohl aussah wie nach der verlorenen Schlacht bei Kunersdorf, heftigen Zorn, aber auch Liebenswürdigkeit gegenüber dem weiblichen Geschlechte, soweit es ihn privat nicht betraf. Die Ehe des Kronprinzen mit der Braunschweigerin Elisabeth Christine, von Potsdams Veranstaltern ignoriert, sei nach der Hochzeit 1733 zunächst ganz „vergnüglich“ verlaufen, aber es gab ja zuvor das Erlebnis mit dem Lebemann Katte, den die väterliche Strenge des „Soldatenkönigs“ vor Friedrichs Augen 1730 in Küstrin enthaupten ließ... Mit Elisabeth währte es nicht lange. Der Chronist Zimmermann sagte ihm bald „griechischen Geschmack für die Liebe“ nach, Büsching meinte, Friedericus habe durch seinen Widerwillen gegen das Frauenzimmer zwar viel sinnliches Vergnügen verloren, „aber er verschaffte sich“s wieder durch den Umgang mit Mannspersonen“. Einerseits staunten die Officiers, welche „Zärtlichkeit“ er zu seinen Hunden entwickelte – sein Liebling schlief bei ihm im Bette – andererseits lästerte man über die handverlesenen Domestiken seines unmittelbaren Umganges im Lustschloss: Einige der schönen Jünglinge, welche „mehr als Kammerdienste leisteten“, schwelgten zeitweilig in Geld, und der Monarch sah ihnen nach, was ein anderer König nie zugelassen hätte. Wer freilich „heyraten“ wollte, wurde sofort gefeuert. Man begründete Friedrichs vermeintlich uranistische Art einerseits mit organischen Problemen, andererseits durchgeistert die Quellen des 18. Jahrhunderts immer wieder jener „grausame Schnitt“, den ihm ein „Quacksalber" zugefügt haben soll. Letztlich halten sich Kontra und Pro die Waage, klar. Der Betuschelte selbst setzte allem Gerücht ein Machtwort entgegen: „Ich betreibe meine Angelegenheit nicht mit den Männern!“ Neben den genannten Autoren kam auch Aufklärer Lessing lyrisch zu Wort, den musikalischen Teil im schlechtventilierten Raume besorgten Rita Nauke (Klavier) und die nicht immer vollendet klingende Flöte von Bettina Lange. Man spielte Weber und sehr filigrane Miniaturen von Raoul Laparra.

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