Kultur: Die Esoterik des Zufalls
„Cuba Libre“ im „nachtboulevard“
Stand:
Alles auf der Bühne sollte sich „irgendwie außerordentlich esoterisch“ zusammenfügen an diesem Freitagabend.
Der Schauspieler im Ensemble des Hans Otto Theaters, Philipp Mauritz, der augenscheinlich auch ambitionierter Dichter und Musiker ist, lud zu einer kleinen Werkschau seiner Kunst und konfrontierte die Besucher des „nachtboulevard“ mit seinem Helden Edgar. Der wird von Mauritz höchstpersönlich gespielt und ist die Hauptfigur seines noch nicht veröffentlichten Romans mit dem Titel „Cuba Libre“ und stellte sich an diesem Abend in der Reithalle zum ersten Mal der Öffentlichkeit. Neben seinem Job in der Kneipe Statist am Theater, lernt Edgar dort Lisa kennen, Sparkassenangestellte, ebenfalls passionierte Laienschauspielerin. Eine schöne Gelegenheit für den Autor, die eigene Erfahrung einzuflechten und einen amüsierten Blick hinter die Kulissen des Theaters zu werfen. Die Bekanntschaft der beiden jungen Leute, die zur Liebschaft wird, welche schließlich scheitert, lässt den jungen Mann zufällig zum Zeugen eines Banküberfalls werden. Auf dem Fluchtweg verlieren die Bankräuber zwei Fünfhunderteuroscheine. Edgar überlegt nicht lange und greift zu.
So zu Geld gekommen, beschließt er, das alte Leben und den Liebeskummer hinter sich zu lassen und bucht einen Flug nach Kuba. Hier lernt er nach einigen turbulenten Verwicklungen, Gefängnisaufenthalt eingeschlossen, Viktoria kennen, mit der er schließlich Hand in Hand ins offene Meer springt. Zufälle scheinbar, doch wie es an diesem Abend in einer Zeile hieß, die sich „irgendwie außerordentlich esoterisch“ zusammenfügten.
Das ist, im Zeitraffer erzählt, die Romanhandlung, an der der Schauspieler zehn Jahre lang gefeilt hatte und die hier für eine kurze Bühnenfassung bearbeitet wurde. Vielleicht um gleich auch noch sein musikalisches Talent in den Abend einzubringen, hatte Mauritz mit dem Gitarristen und Tonchef des Hans Otto Theaters, Marc Eisenschink, sich an einem Gerüst aus deutschsprachigen Songs probiert, das die Geschichte Edgars ummanteln sollte.
Trotz der tatsächlich spürbaren Hingabe in die Songs bleibt dieses Gerüst allerdings etwas, das irgendwie für sich steht und nicht immer in unmittelbaren Zusammenhang mit der Handlung zu bringen ist. Es stellte sich tatsächlich mitten im Geschehen die Frage, was hier zuerst da war und wen einbetten sollte.
Planen die Musiker vielleicht eine gemeinsame Karriere? Die Songs, mit denen sich allein ein Abendprogramm bestreiten ließe, klingen stark danach – emotionales Liedermachen mit leicht philosophischem, sehr persönlichem Text.
Überhaupt, mit Sprache kann der Schauspieler umgehen. Der Bühnentext des Edgar hat eine etwas naive, sehr unterhaltsame Note, die dem Schauspieler gut steht. Aber reicht das für einen erfolgreichen Roman? Klingt die Handlung inhaltlich nicht eher nach leichter Unterhaltung? Und diese Romantisierung Havannas, ist die überhaupt noch zeitgemäß?
Ein bisschen weniger Klischee täte zumindest der Bühnenfassung ganz gut. Dann würde sich das Gesamte vielleicht auch irgendwie außerordentlich esoterisch zusammenfügen, denn die Grundidee eines Zusammenspiels von Konzert und Schauspiel ist eine vielversprechende Symbiose. Andrea Schneider
Andrea Schneider
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