Kultur: Die Farbe Blau und der Weg zum Wesentlichen
Die Siegward Sprotte-Stiftung zeigt „Späte Arbeiten“ des Potsdamer Künstlers, der im vorigen Jahr starb
Stand:
Die Siegward Sprotte-Stiftung zeigt „Späte Arbeiten“ des Potsdamer Künstlers, der im vorigen Jahr starb Ist das die See, die sich unter dem bedrohlich dunkelblauem Himmel aufbäumt? Breite, schwungvolle Linien werden zu spitzen, hohen Wellen – eher geschrieben als gemalt, die Spur des Pinsels in der Farbe noch erkennbar. Das dick aufgetragene Weiß schäumt wie Gischt aus dem Meeresblau hervor. Den „Blauen Zyklus“ hat der 90-jährige Siegward Sprotte im November 2003, ein Jahr vor seinem Tod, mit Öl auf Karton gemalt. Drei Werke aus diesem Zyklus hängen nun im Haus der Siegward Sprotte-Stiftung in der Katharinenholzstraße in Bornstedt. „Späte Arbeiten“ hat Annegret Portsteffen von der Stiftung die Ausstellung genannt. Sie zeigt Werke des Potsdamer Ehrenbürgers, die seit Mitte der 80er Jahre entstanden sind. Ganz bewusst präsentiert die Kuratorin die Zyklusbilder neben dem größeren Ölgemälde „Woge“ von 1999. Gemeinsam sei den „seeartigen“ Bildern der Versuch, die Bewegung der Natur festzuhalten. Der Besucher kann erkennen, wie der Maler dieses Thema variiert. Auch hier treffen sich Himmel und Wasser. Nur dass die Wellen im älteren Werk weicher und runder sind. Ein Bild wie ein Sommertag am Meer. Das helle Blau wirkt fast warm. Die Farbe Blau habe für den Maler eine besondere Bedeutung gehabt, sagt seine Witwe Cosmea Sprotte, als sie sich die Ausstellung ansieht. Schon mit 13 Jahren habe der in Bornstedt aufgewachsene Künstler zwischen den Ritterspornstauden des Gärtners Karl Foerster gesessen und die „chromatischen Blautöne“ studiert. „Sein blaues Wunder“ habe er dort erlebt. Und 1971 habe er als Antwort auf die 68er Bewegung, die ja die „rote Revolution“ wollte, den Zyklus „Blaue Revolution“ gemalt. Denn „Blau war für ihn die Farbe des Geistes“, so Cosmea Sprotte. Ihr Mann habe nichts von Revolutionen gehalten: „Verändern könnt ihr nur durch Evolution“, habe er immer gesagt. Ein Motto, das sich auch in seiner Arbeit findet: Sprotte wälzt nicht um. Er entwickelt weiter, führt fort und verändert dabei doch. Gerade in seinen letzten Jahren sei eine „solche Veränderung im Werk“ zu spüren, so dass die Kuratorin und Cosmea Sprotte beschlossen haben, die Arbeiten auszustellen. Am deutlichsten wird die Entwicklung in Sprottes Werk dem Besucher wohl vor der Graphitzeichnung „Nach einer Distelzeichnung von 1974“. Denn unter der Zeichnung von 2004 hängt das Vorbild aus den 70er Jahren. Der Betrachter sieht, wie der Künstler seine Formensprache reduziert, die Pflanze abstrahiert. Und trotzdem wird die Zeichnung nicht zum Symbol, zum puren Zeichen, sondern bleibt die Momentaufnahme einer Distel auf einer Wiese. In den vier Tuschezeichnungen „Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen“ scheint der Künstler sein Ansinnen selbst zu erklären: Ein wildwüchsiger Baum, der braune Stamm von laubartigen gelbgrünen Strichen umrahmt – „abendländisch ausformuliert“, nennt Portsteffen die erste Darstellung. Schritt für Schritt verzichtet Sprotte auf Blätter und Farben. Zum Schuss beschränkt er sich auf das Wesentliche: Wie ein chinesisches Schriftzeichen entsteht aus schwarzen Linien „das Wesen des Baumes“. Die „Späten Arbeiten“ Siegward Sprottes hängen noch bis zum 22. Mai an den Wänden seines Holzhauses im elterlichen Garten.Juliane Wedemeyer
Juliane Wedemeyer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: