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Kultur: Die Grafik lebt

Ausstellung in der Galerie M des Brandenburgischen Verbandes Bildender Künstler

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Grafik ist die kleine Kunst– diejenige, die man sich eher leisten kann als das große Ölbild. Dafür ist Grafik ja auch kein Unikat, sondern mehrmals erhältlich. Jetzt, zu einer Zeit, wo uns wieder die Weihnachtslieder in den Kaufhäusern um die Ohren schwirren und sich die Spekulatius-Kekse in den Wühlkörben breit gemacht haben, beginnt man, daran zu denken, was man unter den Tannenbaum legen wird. Wieso also nicht einmal eine Kunst?

In der Galerie M sind bis Ende November Grafiken von Künstlern des Brandenburgischen Verbandes Bildender Kunst zu sehen und zu Preisen von 60 Euro bis 1600 auch käuflich zu erwerben. Aber selbst diejenigen, die sich nicht mit dem Gedanken an Weihnachtsgeschenke herumplagen, können hier interessante Entdeckungen machen. Einige der Namen sind nämlich noch weitgehend unbekannt, und es macht Spaß, z.B. Monika Maria Nowaks Kaltnadelradierungen anzusehen, auf denen die Pflanzen, Blüten und Äste alle in ein ansprechendes Rot getaucht sind. Oder aber die Siebdrucke von Christiane Wartenberg zu finden, in denen die Künstlerin ihren Sinn für Humor zu erkennen gibt. Etwa, wenn sie in der Gebrauchsanweisung für eine IKEA-Lampe in ungelenk wirkenden Druckbuchstaben Teile der Gebrauchsanweisung abschreibt. Das wirkt dann so, als wolle sie einen Schweizer Käse mit der Thrüinger Bratwurst verkoppeln. Und die einzeln herausgehobenen Satzteile und Worte, wie „wenn das Anschlusskabel“ erhalten eine ganz andere, kontextfreie und fast philosophische Bedeutung.

Ute Paulmann, die neben ihrer Künstlerausbildung auch eine ordentliche Köchinnenlehre in Baden-Baden absolvierte und jetzt in Schwanebeck bei Belzig lebt, lässt sich in ihren Linoschnitten von ihrer kulinarischen Kultur inspirieren. Schon die Titel „Ich bin so wild auf deinen Gurkenmund“ und „Der Förster aus dem Wald hat wieder Schweine abgeknallt“ zeigen die ständige, humoristische Auseinandersetzung mit der Kochkunst, und ihre Arbeiten beweisen ihr ästhetisches Vermögen. Wer erzählerische Grafik mag, ist hier am richtigen Ort: Der, der behauptet, so wild auf den Gurkenmund zu sein, schaut ganz schön griesgrämig aus seiner grauen Brille, und den Waidmannsheil-Förster umgeben viele Grabkreuze, die wohl den Wildschweinen gelten. Lothar Seruset glänzt großformatig und selbstironisch mit seinem heroenhaften Alter ego „Ich vor Gedicht“ und Rudolf Sittner zeigt in klassisch-grafischer Form üppige Frauengestalten. Birgit Borggrebe beschreitet in ihren experimentellen Siebdrucken rotdominierte „Sphären I und II“, die fast schon Zen-artig anmuten.

Die Radierungen von Sabine Ploss begeben sich in nordische Gefilde. So ist bei „Eskimo sucht seinen Speer“ der Iglu das dunkelste Element, und bei der „defekten Seilbahn“ sieht man sich auch gleich selbst im Schnee liegen. Tina Flau zeigt sich in ihren Tiefdrucken ganz schön himmelblau, Beret Hamann überrascht mit einer ästhetischen Aquatinta-Arbeit und Rainer Ehrt geriert sich fast schon monumental in „Medusa on Stage“.

Die unter dem sehr unprosaischen Titel „Druckgrafik“ versammelten Arbeiten zeigen, dass Grafik nicht gleich Grafik ist, und dass auch bei dieser Form die Fantasie der Künstler die Möglichkeit hat, aus Farbe, Form und Raum etwas zu machen. Solche Sammelausstellungen haben den Vorteil, dass man unterschiedliche Arbeitsweisen sehen kann, aber auch den Nachteil der relativen Uneinheitlichkeit und manchmaligen Zusammenhangslosigkeit.

Dies nimmt man aber angesichts der frisch und häufig humorvoll sprudelnden Schaffenskraft gerne in Kauf.

Zu sehen bis Ende November, Galerie M, Hermann-Elflein-Str. 18.

Lore Bardens

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