Kultur: Die Kette macht’s
Verschollenes Gemälde für das Potsdam Museum
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Vor anderthalb Monaten bekam Frank Reich den Hinweis von einem Potsdamer Kunsthändler. Ob er sich nicht mal ein Gemälde anschauen möchte? Vielleicht sei das ja interessant. Und da Frank Reich, Mitglied im Vorstand vom Förderverein des Potsdam Museums, regelmäßig Hinweise von Potsdamer Kunsthändlern erhält, blieb er erst einmal gelassen. Auch als er das Gemälde zum ersten Mal in Augenschein nehmen konnte, überwog die Skepsis. Denn er war sich nicht sicher, ob das Porträt eines jungen Mannes in klassischer, würdevoller Haltung, der die Kette der Potsdamer Stadtverordneten trägt, nicht vielleicht doch eine Fälschung sein könnte.
Reich beriet sich mit seinem Vorstandskollegen Markus Wicke, dann ließen sie einen Restaurator aus dem Potsdam Museum das Gemälde begutachten, der ihnen bestätigen konnte, dass es sich nicht um eine Fälschung, sondern um ein Original handelt, das um 1850 entstanden ist. Dann ging alles ganz schnell. In der vergangenen Woche kaufte der Förderverein das Bild und überreichte es am gestrigen Mittwoch als Schenkung an das Potsdam Museum. Damit besitzt das Museum nun drei Porträts von Potsdamer Stadtverodneten.
Ort der Übergabe war, mit Hinblick auf die Stellung des Porträtierten, nicht das Potsdam Museum in der Benkertstraße, sondern der Plenarsaal des Potsdamer Rathauses, wo heute regelmäßig die Potsdamer Stadtverordneten tagen. Als Ehrengast bei der Präsentation des lange verschollen geglaubten Gemäldes war Peter Schüler erschienen, derzeit Vorsitzender der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung. Schüler selbst sagte nicht viel. Umso intensiver betrachtete er das Bild des jungen Mannes, der vor vielen Jahren sein Vorgänger war.
Bei wem es sich um den Porträtierten handelt, das sei zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau zu sagen, erklärte Markus Wicke. Doch die Stadtverordnetenkette und der Orden, die der junge Mann auf dem Bild trägt, geben entsprechende Hinweise, sodass sich der Kreis der Infragekommenden auf drei Herren reduziert. Weil die Stadtverordnetenkette eine Art Steg über der großen Medaille ziert, handelt es sich hier um die Kette eines Stadtverordnetenvorstehers. Und bei dem Orden handelt es sich um den Preußischen Roten Adler-Orden 3. Klasse, wie er in dieser Form zwischen 1830 und 1846 verliehen wurde.
„Somit kommen theoretisch der Rechnungsrat Pittelko, der von 1826 bis 1834, oder der Braueigner Bauer, der von 1834 bis 1845 oder der Hof-Apotheker Scheider, der von 1845 bis 1849 den Potsdamer Stadtverordneten vorstand, infrage“, so Wicke. Weitere Nachforschungen durch das Potsdam Museum im Zuge der Restaurierung des Gemäldes und des beschädigten Rahmens sollen hier aber bald Klarheit schaffen. Und vielleicht wird bei diesen Nachforschungen auch herausgefunden, wer das Gemälde gemalt hat. Denn bis jetzt ist der Künstler noch unbekannt. Wie hoch die Kosten für die Restaurierung ausfallen werden, kann jetzt noch nicht gesagt werden. Aber der Förderverein will das Potsdam Museum auch hierbei finanziell unterstützen.
Eine vierstellige Summe habe das Gemälde gekostet, so Wicke auf Nachfrage. Eine genaue Zahl wollte er nicht nennen, da der Förderverein bei seinen Schenkungen grundsätzlich auf solche Angaben verzichtet. Doch habe der Verein das Museum im vergangenen Jahr allein mit 12 000 Euro durch Mitgliedsbeiträge und Spenden unterstützen können. „In diesem Jahr haben wir schon 7000 Euro zusammen und hoffen, die 12 000 Euro vielleicht sogar noch überbieten zu können“, so Wicke. Der Förderverein hofft, dass das restaurierte Porträt in der Dauer- oder in einer Sonderausstellung des Potsdam Museums am zukünftigen Standort im Alten Rathaus einen Platz erhalten wird. Denn dann schließt sich ein Kreis, kehrt das Bild an den Platz zurück, wo es vor vielen Jahren einst hing, als die Potsdamer Stadtverordneten noch im Alten Rathaus tagten. Dirk Becker
Dirk Becker
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